Hugo, der Biber von Yardenit

Nennen wir ihn einfach Hugo.  Ihn lerne ich in Yardenit kennen. Scharen von Pilgern kommen hier jährlich her, um sich im Jordan taufen zu lassen – oder die Taufe zu erneuern. Oder weil sie neugierig sind.

Hugo lebt am Jordan, am südlichen Ende des See Genezareths. In der leicht erdfarbenen – eher Brühe als Wasser – lebt er mit seiner großen Familie. Mehrere Familienmitglieder sichte ich an diesem Freitag. Hugo lässt sich von den Pilgern bereitwillig mit Brot verwöhnen. Immer, wenn er fertig ist, macht er „Männchen“. „Will mehr“. Selbst wenn man kein Hebräisch versteht, kann man das auslegen. Hugo kriegt mehr. Und die vielen dicken, fetten Jordanfische, die sich nebenbei gesammelt haben, auch.

So kann ich Hugo artig portraitiren. Ich bin begeistert.

Es ist hier heißer als in Jerusalem. Wesentlich heißer. Ein paar russische Freunde haben sich ein Taufgewand besorgt, um hier schwimmen zu können. Scheinbar sind sie schon getauft. So verliert der Wunsch unbedingt im Jordan getauft worden zu sein, doch etwas an Mythos und Glanz… Bei unseren letzten beiden Besuchen war hier immer ordentlich „Taufbetrieb“.

Am Morgen sind wir 100 km weiter südlich, gleich gegenüber von Jericho. Auch dort gibt es eine Taufstelle. Die schon länger auf jordanischer Seite existierende Taufstelle mit alter Kirche hat auf israelischer Seite ein Pendant bekommen. Dazu hat man von der Grenzanlage einen Korridor zum Jordan gebaut, durch den man jetzt bequem Zugang hat. Dies ist erst vor ein paar Wochen fertig geworden, so hören wird.

„Heute morgen waren schon Deutsche da“, erzählt mir der israelische Soldat, der hier heute gemeinsam mit einem Kollegen Dienst hat. Ob er uns fotografieren würde? Na, klar. Zum Glück richtet sich sein MG nur auf den Boden. Wie meistens. Irgendwie verliert man den inneren Respekt, wenn man täglich von (jungen) Menschen umgeben ist, die so ein Gerät „spazierentragen“. Das ist in Israel ganz normal. Überall.

Drei Jahre müsse er im Militär dienen. Hier würde man ja wirklich mehr Soldaten brauchen als in Deutschland. Recht hat er. Klar, hier sollte möglichst keiner über den Jordan schwimmen, der hier nicht gerade breit ist.  Ob denn heute schon jemand getauft worden ist, will ich wissen? „Getauft“, was ist das? Vielleicht liegt es am Englischen oder er macht hier heute zum ersten Mal Dienst, sonst kann ich mir die Unkenntnis kaum vorstellen.

Diese Taufstelle, so wird uns klar, hat durchaus das Zeug zu einer neuen Attraktion für Taufwillige und Touristen zu werden, zumal der Weg von Jerusalem hierher nicht sehr weit ist. Und es ist irgendwie authentischer als in Yardenit.

Und in Israel ist man nicht auf den Kopf gefallen, wenn es darum geht, den christlichen Pilgern etwas zu bieten – auch bei aller höflichen Abgrenzung dem Christentum gegenüber.

Am Schabbat sind wir in der Gemeinde von Pastor D. in Tiberias. Die Gemeinde hat in den letzten Jahren ein erfreuliches Wachstum erlebt. Hebräisch, Englisch, Russisch, Gebärdensprache. Viele russische Leute gehören zur Gemeinde. „Wir haben die Informationen in vielen Sprachen ausgedruckt“, sagt der Pastor. Wir fühlen uns sehr wohl. D. ist sehr väterlich und gibt der Gemeinde eine gute Grundlage im Wort Gottes. Als er mich entdeckt lächelt er mir von der Kanzel aus zu. Nun gut, zuordnen kann er mein Gesicht nicht, aber dafür war der persönliche Kontakt während des Besuchs im vergangenen Jahres in unserer Gemeinde auch zu kurz.

„Heute morgen vor dem Gottesdienst haben sich 15 taufen lassen. Wir wollen sie jetzt im Gebet segnen“. D. holt die 15 Täuflinge nach vorne. Welch eine Freude, nicht nur in Tiberias.

Ob Hugo der Taufe beigewohnt hat oder ob sie woanders stattgefunden hat (vermutlich), lässt sich leider für uns nicht feststellen. Er hätte sich sicher auch gefreut.

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