Unsere Reise nach Israel im Sommer 2022

Es war einmal mehr eine gigantische Zeit, die wir in diesem Jahr in Israel hatten. Sehr kurzfristig geplant empfanden wir es als inneren Auftrag, dieses Land wieder zu besuchen.

Obwohl wir keine außergewöhnlichen Termine wahrgenommen haben, waren wir immer wieder „zur rechten Zeit am rechten Ort“.

So sind wir dankbar für die fast drei Wochen, die wir in dem von uns geschätzten und geliebten Land sein zu können. Es war der siebente Aufenthalt von uns in Israel.

Hier unser kleines Fotoalbum

zurück zum Jahresrückblick 2022

Wenn Sarah der Hagar die Füße wäscht …

… und sie mit ihren Haaren trocknet, dann kann das schon zu Tränen rühren.

Global Gathering, Jerusalem im November 2016 – das ist eine fünftägige Konferenz der besonderen Art. Die Chinesen bilden mit an die 2000 Personen die eindeutige Majorität der etwa 4000 Teilnehmer aus über 60 Nationen. Und sie prägen die Atmosphäre. Als am Mittwochabend die Tontechnik für eine geraume Zeit komplett ausfällt, sind sie es, die durch ihren spontanen Gesang und ihre Gebete den Konferenzgottesdienst in eine geistliche Intensität hineinführen, auch ohne Technik, ganz wie in China. Und wenn sie gemeinsam mit lauter Stimme und ohne Vorgaben für Israel beten, ist es, als würde die Halle beben.

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Diese Konferenz ist eben nicht gewöhnlich. Sprecherliste? Zeit- und Ablaufplan? Fast komplett Fehlanzeige! Fast alles geschieht aus dem Augenblick heraus. „Wir möchten nicht verpassen, in welche Richtung der Heilige Geist uns führt“, sagt David Demian (Kanada), der Initiator und Leiter dieser Gatherings (das vorletzte fand im Oktober 2015 in der Münchner Olympiahalle statt). Im Hintergrund agiert ein mehrhundertköpfiger internationaler Beirat, mit denen sich Demian vor jeder Veranstaltung austauscht, um Klarheit über die Richtung zu bekommen. Zu diesem Beirat waren auch meine Frau und ich eingeladen.

Starke Gabe in seiner Persönlichkeit

Demian hat eine starke Gabe, die Versammlungen in dieser Art zu leiten – und ist bereit dabei auch Fehler zu machen. Mit einer Seelenruhe liegt er flach auf der Bühne und wartet auf innere Führung oder er spaziert während der jeweils fast vierstündigen Versammlungen durch den Saal, während auf der Bühne vielsprachiger Lobpreis, unterstützt durch eine ausdrucksstarke etwa 20-köpfige Tanzgruppe, läuft. Vor der Bühne ist ein großer Platz freigelassen, wo Hunderte ausgelassen hüpfen oder tanzen.

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Auf der Leinwand erscheinen die Liedtexte in bis zu sechs (!) Sprachen gleichzeitig. Die Einheit der Christen aus verschiedenen Nationen findet besondere Beachtung. Und hier wiederum ist die Beziehung zwischen messianischen Juden und den arabischen Christen „im Land“ ein wichtiges Thema. Unter großer Bewegung wäscht eine messianische Jüdin, die sinnbildlich Sarah genannt wird, einer arabischen Christin, die Hagar genannt wird, die Füße und trocknet diese dann mit ihren Haaren. „Ich bitte dich um Vergebung für alles, was wir dir angetan haben. Ich will dir in Liebe dienen“. Manche müssen sich die Tränen wegdrücken – ich auch.

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David Demian gelingt es immer wieder, durch zeichenhafte Handlungen die Konferenz auf essentielle Themen zu fokussieren. Immer wieder führt das in starke Gebetszeiten, die sich meistens auf nationale oder globale Anliegen beziehen, wie zum Beispiel die Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea. Hier werden besonders die Deutschen zum Gebet eingeladen.

Starke deutsche Delegation

Die deutsche Delegation umfasst etwa 250 Personen, die unabhängig voneinander nach Israel gekommen sind. Ich treffe viele mir bekannte Gesichter, aber auch neue, wobei das Spektrum von Landeskirchlern, Katholiken über die Freikirchen bis hin zur charismatischen Bewegung reicht. Über die Konferenzarmbänder kann man sich selbst in der Altstadt von Jerusalem identifizieren – und mit viel Liebe begegnen. Das ist ein weiterer starker Aspekt der Konferenz: eine herzliche Liebe über Nationalgrenzen hinweg.

Eingeborene, jesusgläubige Stammesführer in Tracht aus Samoa (Südpazifik) leisten durch ihre Art der Anbetung und des Feierns einen besonderen, teilweise gewöhnungsbedürftigen Beitrag zur Konferenz. Unter anderem breiten sie Muschelketten, Teppiche und andere Gaben aus, die sie als „Geschenke für Jerusalem“ mitgebracht haben.

Den Gläubigen aus den Nationen vertrauen

Und dann noch ein bewegender Moment: Der messianisch-jüdische Pastor Asher Intrater (reviveisrael.org) wird gebeten, auf der Bühne eine Krone sinnbildlich für Jesus, den Messias, mit den Händen hochzuhalten. Spontan heben die samoanischen Stammesführer ihn auf ihre Schultern. „Ihr als Juden habt uns getragen, jetzt tragen wir euch messianische Gläubige.“ Später kommen Christen aus anderen Nationen, besonders aber Araber und Deutsche, um die Arme des jüdischen Pastors zu stützen, damit diese nicht sinken. Ohne jegliche Hektik zieht sich dieser Teil etwa 45 Minuten hin, im Saal entwickelt sich eine Atmosphäre von Jubel und Feiern, viele knien lange Zeit auf dem Boden, beten, weinen, rufen zu Gott. Asher Intrater berichtet später, wie es für ihn und die messianischen Juden wichtig ist, den Gläubigen aus den Nationen  vertrauen zu können.

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China kommt zurück nach Jerusalem

Diese Botschaft, dieses Anliegen der chinesischen Christen, haben wir verstanden – schon vor der Konferenz. Hier wird es besonders deutlich sichtbar, unterstützt von einer großen Gruppe von Koreanern. Überall treffen wir die Chinesen, reden mit ihnen, beten mit ihnen gemeinsam, auch noch nach der Konferenz in den Straßen von Jerusalem und Tel Aviv. „Uns liegt Israel besonders auf dem Herzen“, bekennen sie. Und ihr Gebet, ihre Hingabe spricht diese Sprache überaus deutlich.

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„Judenmission“, der Tempelberg und die UNESCO

Auch diese aktuellen Themen haben auf der Konferenz ihren Platz, nicht politisch, wie Demian betont, aber geistlich. Eindeutig ist das Bekenntnis, dass die Botschaft des Evangeliums von Jeschua Hamaschiach (Jesus Christus) zuerst den Juden gegeben wurde und sich daran nichts geändert hat. Und im Gebet wird die Rolle des Tempelbergs als Ort der Verherrlichung für den wiederkehrenden König Jesus mit eindeutiger und klarer Beziehung zur jüdischen Geschichte betont, anders als die UNESCO es wenige Tage vorher ausgedrückt hatte.

Mein Fazit

Für eine Konferenz mit einer langen Rednerliste, wäre ich vermutlich nicht nach Jerusalem geflogen. Aber diese Art, auf Gott zu hören und zu warten, die teilweise gewöhnungsbedürftig ist, aber Jesus so unzweideutig in den Mittelpunkt stellt, gefällt mir und spricht mich an – und macht mir Mut auch für Deutschland.

Und wir lieben es, immer wieder dort zu sein, wo unser Herr und bester Freund gelebt hat!

Die komplette Konferenz ist auf youtube oder watchmen.org frei verfügbar.

Ein ganz neues Verhältnis?

Es war Konrad Adenauer, der am 4.3.1953 im deutschen Bundestag die Hoffnung äußerte, dass es zu einem ganz neuen Verhältnis zwischen dem deutschen und dem jüdischen Volke (…) und zu einer Normalisierung der Beziehungen“ kommen würde. Durch das sog. „Luxemburger Abkommen“ wurde nach den unsäglichen vorherigen Ereignissen ein vorsichtiger Neubeginn versucht. Zu den unsäglichen Ereignissen gehören auch die „Todesmärsche“, an die wir heute demütig und klagend erinnern und gleichzeitig entschieden und hingegeben für das Leben eintreten – in allen nur möglichen Facetten.

Ganz neu?
Wie gestalten wir dieses „ganz neue Verhältnis“, von dem Adenauer damals sprach? Das war damals ein mutiger Schritt in der deutschen Geschichtsaufarbeitung. Wir wollen weitergehen, nicht nur historisch agieren. Beziehungen leben davon, dass man sie pflegt und in sie investiert – vor allem in Begegnung und durch segnende Worte. Auch das tun wir heute. 70 Jahre nach Kriegsende ist ein guter Zeitpunkt, entschlossen weiter an dieser Beziehung zu arbeiten. Das gilt für unsere persönliche Beziehung zu Israel und dem jüdischen Volk, für unsere Gemeinden und für alle Kirchen und Gemeinschaften in unserem Land. Wo sich auch nur ein Schatten auf die Beziehung gelegt hat, ist es jetzt an der Zeit, „Beziehungsklärung“ vorzunehmen.

Eine „Liebesbeziehung“
„Warum kommt ihr in unser Land“, fragte mich im Bus nach Jerusalem ein junger Mann. „Weil unser bester Freund hier gelebt hat“. Sofort sind wir bei „meinem“ Thema. Weil ich Jesus liebe, liebe ich Israel. Dass Israel eine besondere Erwählung haben soll, ist vielen Zeitgenossen ein Dorn im Auge und Anlass zu Kritik. Warum wurde Jesus nicht bei den Eskimos geboren oder in China? Gott hat seinen Finger auf die Geschichte der Stammväter Abraham, Isaak und Jakob gelegt und mit dem Volk Israel eine „besonders – besondere“ Geschichte geschrieben. Es war Gottes souveräner Plan, sich der Menschheit durch Israel zu offenbaren und durch Jesus, einem Juden, den Weg der versöhnten Gemeinschaft mit Gott zu öffnen. Und eben nicht durch Deutschland oder eine andere Nation. Deswegen hat Israel eine besondere und bleibende Berufung, die wir achten und wertschätzen – und deswegen lieben und segnen wir Israel und ordnen uns damit der Souveränität Gottes unter.
Und wir segnen auch die Feinde des jüdischen Volkes, in ihrem und um ihr heutiges Staatsgebiet selbst und weltweit. Auch in unserer Nation. Angesichts des heutigen Gedenkens an die todbringenden Handlungen vieler Menschen unserer Nation, segnen wir und sprechen Leben aus. Gott will, dass allen Menschen geholfen wird und sie ihn selbst und seine Wahrheit erkennen.

Entschieden für Versöhnung eintreten
Wo immer wir können, treten wir für Frieden und Versöhnung ein, segnen , weil wir zum Segnen berufen sind. Weil das einer der Ansätze des „Marsches des Lebens“ ist, habe ich mich gerne dazu gestellt. Als deutsches Volk haben wir viel Hass verbreitet und Zerstörung angerichtet, gemordet und verfolgt. Das Blut tropft förmlich aus den Geschichtsbüchern. Das war und ist nicht Gottes Plan und Berufung für uns. Deswegen wenden wir uns entschieden gegen jede Form von Hass, Gewalt, Verachtung, Unterdrückung oder Geringschätzung. Und wir treten mutig und entschieden jedem Ansatz von Antisemitismus entgegen, auch in unserem Land. Wo heute Antisemitismus Raum hat, ist morgen die Christenverfolgung nicht weit.

Durch eine eindeutige und klare Haltung gegenüber Israel dokumentieren wir, dass nicht wir die Wurzel tragen, sondern sie uns, wie uns Paulus sagt . Damit ehren wir Gott und zeigen demütig, dass wir unsere heutige Berufung leben wollen, die gute Nachricht von Jesus Christus in der Kraft des Heiligen Geistes auszubreiten.

Und das geht eben nicht ohne unsere Wurzeln.

(Dieser Beitrag erschien in Erstveröffentlichung in GEISTbewegt! 04/2015
www.geistbewegt.de)

Gemeinsam gegen Antisemitismus und Christenverfolgung

„Ihr müsst unbedingt mal den Livestream vom Laubhüttenfest aus Jerusalem einschalten. Heute Abend spricht hier der neue israelische Staatspräsident.“ Hannelore Illgen, die Redaktionsleiterin von GEISTbewegt! und Vorstandsmitglied der ICEJ (Internationale Christliche Boschaft Jerusalem) mailte uns am Montag aus Jerusalem. Also nahmen wir am Montagabend ein wenig Zeit, um den Ereignissen in Jerusalem via Tablett beizuwohnen…

Das Christliche Medienmagazin PRO schrieb am Donnerstag dazu:

Mehr als 5.000 Christen aus 80 Ländern feierten vom 10. bis 15. Oktober in Jerusalem das Laubhüttenfest „Sukkot“. Angesichts des nur wenige Wochen zurückliegenden Gaza-Krieges äußerte sich Jürgen Bühler, Direktor der ICEJ, überrascht über diesen Ansturm. „Man kann definitiv sagen: Die Touristen sind wieder da!“, ergänzte Bühler.

In den zurückliegenden 33 Jahren hatte die ICEJ ihre Veranstaltung im „Jerusalem Convention Center“ mit 2.800 Sitzplätzen veranstaltet. Erstmals fand die Konferenz jetzt in der „Pais Arena Jerusalem“ statt, die mit 11.600 Sitzplätzen auf acht Etagen als größte Sport- und Kulturveranstaltungsstätte ihrer Art im Nahen Osten gilt. Die christliche Laubhüttenfestfeier war die erste internationale Veranstaltung in der noch nicht einmal völlig fertiggestellten, supermodernen Arena. Die Verantwortlichen der ICEJ träumen davon, sie in naher Zukunft mit christlichen Israelfreunden zu füllen.

Als Redner traten vor allem pfingstlich geprägte Prediger aus Afrika, Nord- und Südamerika, Europa, Australien und Asien auf. Unter ihnen war der Vorsitzende der „Pentecostal World Fellowship“, Prince Guneratnam aus Malaysia. Er repräsentiert nach eigenen Angaben etwa 300 Millionen pfingstlich- charismatische Christen weltweit. Zum Referentenkreis gehören ferner messianische Juden und arabische Christen aus Israel und der Palästinensischen Autonomie.

icejAuch Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat, der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin und der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ron Lauder, kamen zu Wort. Ferner waren Parlamentarier und Regierungsvertreter aus 25 Ländern, darunter auch aus neun EU-Staaten, auf der diesjährigen christlichen Laubhüttenfestfeier vertreten.

Ein besonderes Signal der Wertschätzung gegenüber den Christen war der Besuch des neuen israelischen Staatspräsidenten, der die christlichen Gäste ausdrücklich in Israel willkommen hieß. Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ron Lauder, forderte die Anwesenden auf, gemeinsam mit den Juden gegen Antisemitismus und Christenverfolgung aufzutreten. „Wer uns hasst, der hasst auch euch!“ führte er markant aus.

Das stimmt. Es ist eine wichtige Herausforderung

1027 für EINEN oder: Was ist denn ein Menschenleben wert?

Gilad Schalit ist frei. Hoch gingen die Diskussionen darüber, ob es gerechtfertigt ist, für einen Gefangenen 1027 Gefangene, teilweise an Anschlägen beteiligte Personen, auszutauschen.

Die Freilassung hat mich in dieser Woche sehr berührt, weil wir während unseres Aufenthalts in Jerusalem fast täglich am ‚Informationsstand Gilad‘ vorbeigekommen sind. Eltern und Aktivisten hatten sich ganz in der Nähe des Hauses des Ministerpräsidenten positioniert, um Druck zu machen. ‚Gilad is alive‘, das war die Botschaft, die sie mit den gelben Bändern markiert haben. Noch heute habe ich so ein gelbes Band in der Seitentasche meines Rucksacks. In meinem Blog habe ich im August über den freien Stuhl für Gilad geschrieben. Damals war er 1860 Tage in Haft, nach 1941 wurde er nun schlussendlich freigelassen.

Innenpolitisch war die israelische Regierung enorm unter Druck. Das erklärt unter anderem, warum sie so einer hohen Anzahl von Austauschpersonen zugestimmt hat bzw. zustimmen musste. Bei Verwandten von Opfern der jetzt Freigelassenen hat das natürlich keine Freude ausgelöst. In diesem Moment hätte ich nicht in der politischen Verantwortung sein wollen…

Die Presse hat dieses Ereignis weitreichend kommentiert. Im Newsletter von ‚Vision für Israel‘ hieß es dieser Tage: Die Freilassung Gilad Schalits hat die Aufmerksamkeit der ganzen Welt erregt. Araber haben das soziale Netzwerk Twitter benutzt, um ihre Eindrücke dazu auszutauschen. Der israelische Fernsehsender Channel 10 News präsentierte einige der Twitter-Meldungen. Viele arabische Bürger fragten sich wie wenig Wert sie für ihre Regierung haben – im Vergleich zu dem, was Israel bereit war zu geben, um einen seiner Bürger freizubekommen. „Ich habe etwas zu sagen, dass euch wahrscheinlich nicht gefallen wird, aber ich sage es trotzdem: Die Israelis haben 1.000 palästinensische Flüchtlinge gegen einen Israeli ausgetauscht“, so ein Syrer, „Ich bin einfach eifersüchtig auf deren Regierung, weil sie sich um ihre Bürger kümmert. Ihre Regierung ist bereit, den höchsten Preis für einen ihrer Bürger zu zahlen. Unsere Regierung dagegen tötet uns, als wären wir Tiere. (INN)

Was ist denn ein Leben wert? Während unseres Aufenthalts in Israel haben wir immer wieder sehen dürfen, wie wertvoll ein Menschenleben in den Augen der Israelis geachtet wird. Ein Menschenleben ist enorm wertvoll – das ist ein Gedanke, der göttlicher Natur ist.

Gott hat dein Leben so wertgeachtet, dass er Jesus, seinen eingeborenen Sohn für dich gegeben hat. Das ist die wertvollste aller Gaben. Es war ihm kein Einsatz zu groß, um dir den Weg der Rettung zu öffnen.

Es ist gut, ihm dafür einfach zu danken.

Durban III

Die Geschichte eines antisemitischen Hass-Festivals
Von Lisa Schmid
(übernommen mit freundlicher Genehmigung aus dem ICEJ-Newsletter vom 2.9.11)

Das Ziel der Anti-Rassismus-Konferenz der Vereinten Nationen im Jahr 2001 in Durban, Südafrika, war es eigentlich, Sklaverei und Kolonialismus öffentlich als Verbrechen anzuerkennen. Doch statt einer Bewältigung der schmerzhaften kolonialen Vergangenheit passierte etwas ganz anderes – die Veranstaltung mutierte zu einem antisemitischen Schauprozess gegen Israel.

Die  Arabische Liga nutzte gemeinsam mit den blockfreien Staaten und einigen afrikanischen Ländern ihre automatische Mehrheit, um den Judenstaat zum
Sündenbock für alle tatsächlichen und vermeintlichen Verfehlungen des Westens zu machen. Befeuert durch Berichte der gerade ausgebrochenen zweiten palästinensischen Intifada landete von allen 192 Staaten dieser Welt allein Israel auf der Anklagebank.

Zionismus wurde mit Rassismus und Apartheid gleichgesetzt, während aktuelle Menschenrechtsverletzungen wie z.B. im Sudan oder Kongo nicht einmal erwähnt wurden, ganz zu schweigen von der Verfolgung von Minderheiten in der islamischen Welt.

Die stellvertretende Vorsitzende des Außenausschusses des italienischen Parlaments, Fiamma Nierenstein, berichtete damals als Journalistin aus Südafrika über die Konferenz: „Juden, die eine Kippa trugen, mussten sich vor Demonstranten schützen, die Porträts von Bin Laden mit sich herumtrugen und die Juden jagten. Die jüdischen Gemeindezentren in der Stadt wurden gestürmt und geschlossen. Die Pressekonferenz der israelischen Delegation wurde gewaltsam angegriffen und unterbrochen.  Israel wurde mit den Nationalsozialisten gleichgestellt und der Apartheid beschuldigt, um, insbesondere in Südafrika, sein Existenzrecht in Frage zu stellen.“

Die Anschläge vom 11. September, die wenige Tage nach der Konferenz stattfanden, verdrängten Durban I allerdings schnell aus den Schlagzeilen.

Durban II in Genf
Weniger gewalttätig aber ebenso antisemitisch ging es 2009 auf der Folgekonferenz „Durban II“ in Genf weiter. Die Konferenz begann am 20. April, dem Tag, an dem Israel der Opfer des Holocaust gedachte. Hauptredner war der iranische Präsident und Holocaustleugner Mahmoud Ahmadinedschad, der „die zionistischen Besatzer Palästinas“ (Israel) als „rassistisch“, „höchst brutal“, „kriminell“ bezeichnete und den Judenstaat des Völkermordes bezichtigte. Er brandmarkte die „Zionisten“ als Wurzel der Probleme in Irak und Afghanistan.

Einige Staaten hatten aus dem Debakel von 2001 gelernt und waren von vornherein der Konferenz ferngeblieben, darunter Israel, die USA und auch Deutschland. Vertreter weiterer Staaten verließen aus Protest den Saal, als Ahmadinedschad sprach, doch die Mehrheit der Delegierten blieb – und nicht wenige gaben dem iranischen Diktator stehende Ovationen.


Durban III in New York

Eine Mehrheit von 128 Ländern schaffte es bei Durban II erneut, die unleidliche Durban-Erklärung (Zionismus = Rassismus) auf die Agenda der UNO zu setzen. Ziel der Durban III- Konferenz am 23. September in New York ist es nun, den zehnten Jahrestag der Durban-Erklärung zu feiern und  die „Umsetzung der Durban-Erklärung in die etablierten Menschenrechte im UN-System“ einzuarbeiten
(Entwurf der Abschlusserklärung).  Mit anderen Worten – Antisemitismus, Israel- und Judenhass soll in die offizielle UN-„Menschenrechtsstrategie“ aufgenommen werden.

Besonders brisant ist erneut der Zeitpunkt dieser Initiative – die Konferenz findet kurz nach der Abstimmung über einen Palästinenserstaat bei der UNO statt und zeitgleich mit der Eröffnung der Generalversammlung. Diesmal wird die Verteufelung Israels und der Juden also auf höchster Ebene stattfinden – vor den Regierenden dieser Welt. Hauptredner ist erneut der iranische Präsident Ahmadinedschad.

Bisher haben die USA, Kanada, Israel, Italien, die Niederlande, Australien, die Tschechische Republik  und Österreich ihre Teilnahme aus Protest gegen die antisemitische und einseitige Agenda der Konferenz abgesagt.

Deutschland hat trotz zahlreicher Aufforderungen verschiedenster jüdischer und christlicher Gruppen, unter ihnen auch die ICEJ, bisher an seiner Teilnahme festgehalten – eine Haltung, die gerade aufgrund der Freundschaftsbeteuerungen Deutschlands gegenüber Israel und der historischen Verantwortung gegenüber dem Judenstaat auf immer größeres Unverständnis stößt.

Engel in Aktion in R.

„Kommst du wieder nach R. um hier zu preXXXdiXXXgeXXXn?“ Die Einladung kommt wirklich von Herzen. Wir sagen fröhlich zu. Ja, diese Gemeinde haben wir von unserem ersten Besuch her wirklich ins Herz geschlossen.

Nachdem wir bereits eine Stunde mit Bus und zu Fuß unterwegs sind, nehmen wir vom Damaskus Gate aus den Bus Nummer 18 durch Ostjerusalem nach R. Wir sind etwas verunsichert, da er nicht so voll ist, wie wir es kennen, aber die Anzahl der Mitfahrer erhöht sich an den ersten zwei Haltstellen schlagartig. „Ihr könnt in R. ein Taxi nehmen und nach dem Hospital fragen“, heißt es am Telefon, als wir über die Einladung sprechen. „Da in der Nähe ist die Gemeinde.“ „Wo genau ist die Gemeinde, sage mir den Straßennamen“, will ich wissen. „Das mit dem Straßennamen bringt hier sowieso nichts. Der Taxifahrer findet das schon, wenn du nach dem Hospital fragst.“ Ich gebe mich geschlagen. Warum nicht ein weiteres Abenteuer…

Ich will eigentlich nicht Taxi fahren, sondern möchte diese Stadt ein wenig mit eigener Haut spüren. Im Bus frage ich zwei Jungs, vielleicht 10 Jahre alt, ob sie das Hospital kennen würden. Keine Ahnung. Sie seien nicht von hier.

Ein anderer Mann im Studentenalter schaltet sich in unser Gespräch ein. Ja, er wisse wo das ist, er müsse jetzt sowieso in die Richtung gehen, er würde uns führen. Er studiert in Zusammenhang mit einer deutschen Hochschule hier im Ort Schauspielkunst.

Wir gehen für etwa einen Kilometer miteinander. Die Zeit nutzen wir für ein intensives Gespräch nach bekannter Bauart (Blog: Begegnungen).  „Hier ist meine Schule, ihr müsst jetzt so und so weitergehen.“ Ein gemeinsames Foto? Natürlich! „Willkommen bei uns in Deutschland.“ Wir verabschieden uns.

„I can bring you to this church.“ Der kleine Junge mit dem roten T-Shirt, den ich im Bus gefragt hatte, steht unvermittelt neben uns. Hat er uns begleitet und belauscht? Scheinbar ja. Ich weiß es nicht, kann es nur vermuten. Wir haben nichts davon mitbekommen.

Bei Spontanangeboten auf der Straße bin ich eher skeptisch. Aber dies hier passt irgendwie. Ja, er würde diese Gemeinde besuchen. Wir vertrauen den Jungs und gehen gemeinsam mit ihnen noch ein paar Straßen gefühlt kreuz und quer, dann erkenne ich die Baugrube gegenüber dem Gemeindehaus.

Ich fühle mich wie von Engeln geleitet. Mehr als pünktlich sind wir da. Wir werden schon von der fleißigen Diakonin erwartet. Kaffee? Wasser? Bei den Temperaturen, gerne! Fast überschwänglich werden wir willkommen geheißen. Nachdem wir vor 14 Tagen gemeinsam mit Bruder M. da waren, empfängt man uns mehr als herzlich wieder.

Der Gottesdienst ist nicht so stark besucht. Nach dem Tod der Gemeindeleiterin, die hier lange Jahre eine exzellente Arbeit geleistet zu haben scheint, ist ein Einbruch geschehen. Es fehlt an einem Leiter, der motivieren und führen kann. Bruder M. kommt zur Zeit einmal im Monat her und hilft aus. Sie würden ihn gerne als ihren Pastor gewinnen, was er aber nicht als seinen Weg sieht. „Bitte betet für uns“, wird uns mitgegeben.

Trotzdem: mit offenem Herzen nimmt die Gemeinde das Wort auf. Die Reaktion am Ende ist sehr klar und eindeutig, die Rückmeldungen auch. „Bitte komm wieder nach R., wir wollen eine längere Evangelisation machen“. Die Einladung ist deutlich.

Nach dem Gottesdienst ist die Einladung zum arabischen Mittagessen nahezu obligatorisch. Gerne nehmen wir es an. Auch die Koreaner sind wieder dabei. Opulent ist es, wie beim letzen Mal.

Tief berührt machen wir uns auf den Heimweg, vergessen im Auto noch unseren Fotoapparat, haben Gelegenheit zu einer „Probefahrt“ in der neu eröffneten Jerusalemer Straßenbahn. Unterwegs treffen wir noch C. und R. im „Saftladen“, wo sie, wie öfter in der Woche, einen „Frischgepressten“ genießen. Schnell noch die Gutscheine für Fußpflege im Fischbecken („Guten Appetit, liebe Fischlein“) eingelöst, dann heißt es Kofferpacken. Pünktlich um 1:45 Uhr kommt das Sherut und holt uns zum Flughafen ab. Alles klappt wie am Schnürchen.

Auf Wiedersehen, Jerusalem! München hat uns wieder – mit Jerusalemer Temperaturen. Wie wohltuend nach dem herbstlichen Abschied Anfang August.

 

Stehplatz für die Probefahrt

Seitdem wir in Jerusalem sind, fährt sie mit Plastiktüten – zum Schutz für die noch unbenutzten Sitzkissen. Leer. Gemächlich. Laut klingelnd, aber ohne Fahrgäste. Testbetrieb, so munkelt man. Techniker aus Deutschland würden noch benötigt, um die nötigen Feinheiten einzustellen.

Dreisprachig sind die Schilder vorne drauf: Hebräisch, Arabisch und Englisch – elektronisch im Wechsel. Silberfarben ist sie. 14 km lang sind ihre Gleise. Seit mehr als 8 Jahren wurde sie gebaut, viel länger wurde sie geplant. Sie ist Teil eines umfassenden Nahverkehrskonzeptes für Jerusalem. Die „Geisterzüge“ muten etwas seltsam an.

Per eMail bekommen wir aus Deutschland die Anfrage, ob wir denn schon mal mit der neuen Straßenbahn gefahren sind. Sind wir noch nicht!

Dann ist es endlich soweit. Unfeierliche Eröffnung. Keine Zeremonie, kein Nichts. Wir haben jedenfalls nur über einen „Informanten“ davon Kenntnis, dass es los gehen soll. „Heute um 5:30 Uhr fuhr die erste Bahn mit Fahrgästen“, heißt es lapidar. Die ersten Wochen sind die Fahrten kostenlos, damit sich alle an die neue Bahn gewöhnen können.

Wir dürfen uns diese Premiere natürlich nicht entgehen lassen und müssen auch ‚mal mit der neuen Straßenbahn fahren.  Die Gelegenheit ist günstig. Ein Freund setzt uns am Mount Scopus an einer Haltestelle ab. Wir haben die Wahl: Unsere bekannte Buslinie 19 oder die neue Tram. Die Entscheidung ist einfach.

Während wir am Bahnsteig warten, kommt ein Polizeibus quer über die Kreuzung dahergefahren. Die Sirenen heulen laut auf, Bremsen quietschen, Bewaffnete springen heraus, untersuchen den Bahnsteig, die Papierkörbe werden abgesucht. Wem gehört diese herrenlose Tasche?

Es gab eine Bombendrohung, bekommen wir später mit. Die Anschläge in Südisrael machen sich auch hier indirekt bemerkbar. Nervosität ist im Lande.

Sollen wir wirklich mit der Bahn fahren? Wir diskutieren noch einmal. Es bleibt aber fast keine andere Entscheidung, wenn wir nicht weit laufen wollen. Also: wir fahren Tram….

Wir hätten uns das eventuell doch besser überlegen sollen…

In zehn Minuten kommt eine Bahn, sagt die Anzeige. Mit der Wirklichkeit hat das nicht so viel zu tun. Aber immerhin, die Bahn kommt.

Nicht nur wir Reisegermanen, sondern auch viele andere Jerusalemer wollen (verständlicherweise) die Straßenbahn kennenlernen – und kostenlos fahren. Am zweiten Betriebstag ist sie dementsprechend voll. Gemütlich tuckert sie von Haltestelle zu Haltestelle. Überall ausreichend (!) Zeit zum Ein- und Aussteigen. Dann Warten. „Bitte nicht auf den Gleisen stehen bleiben. Wir sind hier nicht in Europa.“ Ein Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe ermahnt mich. Das Bild im Zug ist bunt: Familie, Kinder, die einen Riesenspaß an der neuen Einrichtung haben, Ultraorthodoxe, Araber,…. – Jerusalem live.

An jeder Ampelkreuzung und Haltestelle wird ausreichend Pause eingelegt. Es scheint, als müsse man erst überlegen, ob überhaupt und wann man weiterfahren dürfe. Die Ampelphasen sind in Jerusalem an jeder Ampel  sowieso ungewöhnlich lang.

Zwei Haltstellen später steigen vier ultraorthodoxe Mountainbiker ein. Jeder mit Fahrrad, versteht sich. Geschickt verbauen sie mit ihren Fahrrädern die Eingangstür, stehen quer, bauen immer wieder um, heben die Fahrräder hin und her. Vier Fahrräder in einem Straßenbahneingang sind in der Tat auch „gut“ bemessen. Natürlich kann das nicht gut gehen.

Die Mutter will mit ihrem Kinderwagen aussteigen. Ungeschickt wird der Wagen über die Mountainbikes gehoben. Die Pedale des einen verhaken sich in den Speichen des anderen. Die Bahn fährt an, die Biker schwanken, nur mühsam halten sie sich aneinander fest. Wir haben sowieso nur einen Stehplatz bekommen.

Endlich. Jaffa-Street. Hier kriegen wir, wenn wir die Ben Yehuda hochgehen, unseren Bus. Beim Aussteigen erkläre ich den Bikern, dass ihre Fahrt mit Drahteseln wohl nicht die beste aller möglichen Ideen gewesen sei. Und in München ist das sowieso nicht erlaubt. Ein verständnisloser Blick begleitet mich.

Jerusalem hat seine Straßenbahn. Herzlichen Glückwunsch! Und: Viel Spaß beim weiteren „Üben“. Mal sehen, wie sich das beim nächsten Besuch in Jerusalem anfühlen wird.

Bestimmt besser.

Begegnungen – so ganz „nebenbei“

Wir erleben es in Jerusalem als wohltuend, wie einfach man mit Menschen in Kontakt kommen und mit ihnen reden kann. In diesem Blogbeitrag ein paar Impressionen unserer „rein zufälligen Begegnungen“.

In Israel wachsen die Haare besonders schnell, findet die beste Ehefrau. Sie meint damit ihre eigenen. Für meine befinde ich das auch als zutreffend. Der Frisör unweit des New Gates hatte einen vertrauenserweckenden Eindruck gemacht, als wir vor ein paar Tagen dort nachfragen. „Welcome. This is your shop. I remember you“. Die üblichen arabischen Freundlichkeiten. Bereitwillig wird uns ein Platz zugewiesen. Ein Kunde auf dem Stuhl. Ein „Kahlkopf“ sitzt daneben und „will“ auch. Das kann ja nicht so lange dauern. Fehlanzeige. Dass man so lange einen „Ohnhaarigen“ frisörmäßig bearbeiten kann, war mir bisher auch unbekannt…

Das Warten lohnt sich. Geschickt schneidet er meine Haare, ohne Maschine versteht sich. Neben dem Spiegel hängt eine „Segensurkunde“.  Papst Benedikt hat diesem Laden während seines Holy-Land-Besuches seinen Segen vermacht. Namentlich. Die ganzen katholischen Würdenträger kommen zu ihm zum Haare schneiden, sagt er mit leicht geschwellter Brust. Und die amerikanischen Diplomaten auch. So, so, wir sind also in bester Gesellschaft.

Ob er denn Christ wäre, will ich wissen. So etwas würde sich ja nicht jeder in seinen Laden hängen, schon gar nicht im muslimischen Viertel. „Nein, er würde das Gute vom muslimischen Glauben und vom christlichen Glauben nehmen“. Mal so, mal so, Mama war christlich, Papa (das Frisieren hat er von ihm geerbt) muslimisch. Ich liebe Mama und Papa. Da muss ich es beiden Recht machen.  Sehr pragmatisch.

Abschiedsfoto. Ich werde von deinen Frisierkünsten berichten. Toilette? Kein Problem. Im ersten Stock. Meine Frau hat selten so eine „sehenswerte“ Toilette besucht. Nun, nur gut, dass das nicht der Anlass unseres Besuches war.


Szenenwechsel. Wir sitzen in einem netten Restaurant, um eine Kleinigkeit zu essen. Ein paar Leute sitzen mit uns im Raum. Auf dem Flat-Screen in der Ecke läuft ein TV-Programm mit arabischen Untertiteln. Irgendwie macht das Programm einen christlichen Eindruck auf mich. Wir diskutieren über das Programm, zwischendrin tunken wir die Pommes in die Super-Spicy-Soße. Dann wird umgeschaltet. Diesmal ist es eindeutiger. Ein Lobpreisleiter und diverse Gottesdienstbesucher, die die Hände heben.

In einem arabischen Restaurant in der Jerusalemer Altstadt im muslimischen Viertel…

„Was ist das für ein Programm?“, will ich vom freundlichen Besitzer wissen. „Ist das christlich?“ Aus Ägypten, heißt es. Baptisten würden dahinter stehen. Ob er Baptist wäre? Nein, aber er würde eine freie Gemeinde gleich hier in der Altstadt besuchen. Wir freuen uns. Da waren wir vor zwei Jahren auch! Ob er xyz kennen würde? Ich nenne den Namen eines arabischen Freundes. „Na klar, schöne Grüße“.  Der Fototermin zum Abschluss des Restaurantbesuches ist fast obligatorisch. Wie klein die Welt doch ist. Auch in Jerusalem.


Szenenwechsel. „Fährt dieser Bus in die xyz-Straße?“ Ja, müsste er, soweit es meine kargen Jerusalem-Kenntnisse zulassen, versuche ich die Frage wahrheitsgemäß zu beantworten. „Kommt er pünktlich?  Seid ihr schon mit ihm gefahren?“ Keine Ahnung, von dieser Haltestelle aus jedenfalls nicht, mit der Linie schon. Der freundliche Jude meint, seine Frau hätte vorgeschlagen zu laufen. „Aber, wenn du jetzt losläufst, kommt der Bus gleich. Murphy schlägt doch immer zu…“, meint er lächelnd.

Murphy hat sich geirrt. Der Bus kommt. Wir sitzen einander gegenüber. Schulmanager in Tel Aviv ist er, 800 Schüler. „Wir hatten schon Austausch mit Deutschland. Bist du eigentlich jüdisch?  Warum trägst du eine Kippa?“ Erst jetzt fällt mir auf, dass die Kippa vom Westmauerbesuch noch auf meinem Kopf ist. „Nein, aber wir lieben euer Land, wir lieben euer Volk, deswegen kommen wir hierher.“ Warum liebt ihr unser Volk? Solche Fragen höre ich gerne. „Weil unser bester Freund aus eurem Volk stammt.“ Der Austausch wird noch etwas konkreter, bevor wir uns an der vorletzten Bushaltestelle verabschieden müssen.


Szenenwechsel. Es ist relativ spät abends. Auf dem Yehuda-Markt haben wir noch einige Lebensmittel nach unserer Tour von Ein Gedi eingekauft. Im Bus sitzt uns ein „mitteljunger“ Mann schräg gegenüber. Er begutachtet seinen neuen Computerrucksack, den er scheinbar soeben gekauft hat. Ob er gut ist, will ich wissen. Das Gespräch findet keinen richtigen Ansatz und stockt.

Ob wir aus Deutschland sind, will er zwei Bushaltestellen später unvermittelt von uns wissen. Ja. Ping, pong, der Austausch von ein paar Belanglosigkeiten folgt. Er müsse jetzt aussteigen. Wir auch. Er an der vorderen Tür, wir wählen die hintere. An der Haltestelle dreht er sich zu uns um. „Warum besucht ihr unser Land immer wieder?“ Die Frage und auch eine prägnante Antwort ist uns nicht unbekannt. „Mit 28 Jahren bin ich religiös geworden. Vorher hat mich das alles nicht interessiert,“ erzählt er von sich.

Nein, religiös wären wir nicht, aber wir würden den Messias von Herzen lieben. Den Messias? Ob wir wissen würden, wer der Messias wäre? Inzwischen sind wir einige Meter weiter gegangen, an der Ampel würden sich unsere Wege trennen. Gerne und bereitwillig geben wir unsere Überzeugung preis. Schweigen. Ein höfliches Wort des Abschieds, „ich muss jetzt hier lang“. Unsere Gedanken gehen ihm segnend hinterher, während er in der Jerusalemer Nacht verschwindet.


Szenenwechsel. Busfahrt nach Tel Aviv. „We are going to the beach. In Jerusalem haben wir so etwas nicht.“ Wir wollen auch zum beach! Eine Gruppe junger Leute sitzt während der Busfahrt um uns herum. Der Lockenkopf ist besonders aufgeschlossen. Bayern München? Klar, kennt er. Schweinsteiger spielt da. Zum Glück habe ich auf meinem Ipad ein paar Fotos des einzigen Besuchs meiner Münchener Jahre in der „Arroganz-Arena“ dabei. Wow, ist die aber gigantisch. Ja, das ist sie. Und ein paar Schneebilder. Den Iglu, den unsere Royal Ranger gebaut haben. „Soviel Schnee gibt’s in Germany?“

Ich zeige die letzten Ausgaben meiner Blogthemen. Oooh, in Yardenit wären sie letzte Woche auch gewesen – und den Biber, na klar, den habe er auch gesehen. Was das denn mit der Taufe auf sich hätte. Zum Glück kann mein Ipad auch hier aushelfen.

Nicht zu sehr aber doch gut können wir uns auch über „tiefere Dinge“ des Lebens austauschen. Die Busfahrt nach Tel Aviv hätte noch viel längern dauern können. Ein Foto zum Schluss? Na klar doch. „Nice to meet you“.


Szenenwechsel. Woher wir denn kommen? Wir sitzen mit unserem Kaffee auf einer kleinen Mauer in der Sonne.  Uns fragt ein arabisch aussehender Mann, der vor einem Laden in der Nähe des Jaffa-Gates steht. Gegenfrage: Was hat das Getränk gekostet? 6 Schekel. Das will ich auch kaufen, dann können wir uns weiter unterhalten.

8 Schekel soll ich zahlen, kein Verhandeln möglich… Einheimischenpreis vs. Touristenpreis. So ist das halt. „Soll ich für dich reingehen und es umtauschen?“ Ich kriege es für 6 Schekel. Der vermeintliche Araber will sich einsetzen. Die umgerechnet vierzig Cent sind mir den Stress dann doch nicht wert.

Nein, arabisch ist er nicht, italienischer Herkunft sei er, gibt er uns bereitwillig zu verstehen.

(to be continued)


Wirklich! – Einfach klasse, was sich hier so „ganz nebenbei“ ergibt.

In der ersten Reihe…

Der Platz hinter dem Kleinbusfahrer ist gut. 10 Leute fassen diese kleinen Minibusse. In Tel Aviv operieren diese privaten Busse in Konkurrenz zu den öffentlichen Buslinien – und haben die gleichen Nummern wie sie. Vorteil: Man kann fast überall unkompliziert ein- und aussteigen. In Jerusalem nennt man sie „Sherut“.

Ich ergattere heute wieder den ersten Platz hinter dem Busfahrer. Die Aussicht ist prima, der Verkehr auch hier sehr dicht, nicht ganz so wie in Jerusalem, aber gleich dahinter.

Das Spielchen mit dem Geld kenne ich ja schon. Fahrgeld durch den Bus nach vorne geben, Wechselgeld zurück. Hier in der „ersten Reihe“ ist man besonders gefordert. Man ist quasi der direkte Draht zum Busfahrer. Dieser hält, während er fährt, bedeutsam nach hinten die Hand auf. Das klappt wie am Schnürchen.

Ehrlichkeit ist hier groß geschrieben. Wer würde denn bei uns einfach so einen 50 EUR – Schein durch den Bus nach vorne reichen und dann hoffen, dass bei ungefähr einem EUR Fahrpreis der richtige Wechselbetrag wieder bei ihm ankommt…?

Hier funktioniert das.

Am Strand liegen wir heute auch in der „ersten Reihe“, gleich vor den sich aneinanderreihenden Hotels der „ersten Reihe“. Hilton, Holiday Inn, Isrotel – alle sind brav nebeneinander vertreten.  Obwohl ich normalerweise kein Freund von sardinendosenförmig angeordneten Liegestuhlbatterien bin, „gönnen“ wir uns heute zwei dieser Bauart, mit Schirm versteht sich.

Sechs Euro alles zusammen, das ist richtig günstig. Blau der Liegestuhl, blau der Sonnenschirm, inklusive Werbeaufdruck, kristallklar-blau das Wasser. 14 Tage Urlaub in der „Machart“ wäre aber nichts für uns. Wie gut, dass unser Bus am Abend nach Jerusalem zurückgeht.

Trotzdem: Das Badewasser ist super, die Wellen nicht zu stark, man kann sogar richtig schwimmen. So kann man das Leben richtig genießen. Baden, Lesen, Faulenzen, Blog schreiben… Oh ja, das mache ich liebend gerne. Während wir am Strand liegen, passieren in Eilat Anschläge. Nein, wir bekommen direkt nichts davon mit, das Tagesschau-Telegramm auf dem Ipad informiert uns zeitnah, dank immer und überall in diesem Land gegenwärtiger offener WiFi-Zugänge…

Was die Herausforderungen angeht,  ist Israel auch immer „in der ersten Reihe“….

Leider.