Gute Aussichten bei den Österreichern

Die Österreicher sind für eine „gute Aussicht“ bekannt. Ihre hohen Berge tragen im Land selbst dazu bei. Das gilt auch in Jerusalem – im übertragenen Sinne.

Das österreichische Hospiz ist ein traditionsreiches Haus im arabischen Viertel. Aus Deutschland haben wir einen Tipp bekommen, dass die Aussicht auf die Altstadt vom Dach besonders gut wäre.

Wir klingeln. Die Uhrzeit ist günstig, die Nachmittagssonne taucht die Altstadt in ein warmes, fast abendliches Licht. Die Tür öffnet sich, ebenso das zweite Gitter.

Dach – das muss irgendwo oben sein. Wir reihen uns in den Strom der Gäste ein, die in das Haus kommen. Die Treppe rauf, noch eine, noch eine und noch eine. Alles ist frei zugänglich, keiner will etwas wissen. Wir haben gelernt an solchen Orten möglichst wenig zu fragen, sondern sich willkommen zu fühlen und zu warten, ob man gefragt wird.  Dann erreicht man meistens mehr…

Ein kleiner arabischer Junge will sich ein paar Schekel verdienen und bedeutet uns ihm zu folgen. Gebraucht hätten wir ihn eigentlich nicht.

Auf dem Dach angekommen sind wir dankbar für den Tipp: Wouw! Ein toller Ausblick über die ganze Altstadt von Jerusalem. Das Gold des Felsendoms glänzt in der Abendsonne.

Das kleine Kreuz am Dachrand hat es mir besonders angetan. Ich lichte es vor der Kulisse Jerusalems in allen möglichen Variationen ab.

Wir machen Potraits vor den Kulissen von Jerusalem. Aufpassen, dass die österreichische Fahne nicht wie ein Spieß aus dem Hirn herausragt. „Volltreffer“ – später bringt es der Computer an den Tag…

Danke Österreich! Ihr seid nette Nachbarn!

Flexibel, geduldig und ungestresst!

Wenn man Geduld und Flexibilität üben will, ist Jerusalem ein gutes Trainingsfeld. Dienstagmorgen. Wir entscheiden uns, mit dem Bus ans Tote Meer zu fahren. Wir kalkulieren, dass eine Stunde zum zentralen Busbahnhof ausreichend sein dürfte. Selbst, wenn wir vorher noch kurz auf dem Markt halten, um etwas zum Essen mitzunehmen. Plus 1:20 h nach Ein Gedi, sagt das Internet.

Um 10:30 Uhr soll der Bus nach Ein Gedi von der Central Bus Station gehen. Um 9:25 Uhr verabschieden wir uns von unserer Mitbewohnerin. Die Linie 32 scheint heute verfrüht in die Mittagspause gegangen zu sein. Lange kein Bus in Sicht. Endlich, nach mehr als 20 Minuten kommt die 32. Noch 40 Minuten bis Buffalo. Die Fahrt zur Ben Yehuda dauert heute fast 25 Minuten. Hupenbenutzung reichlich. Zu Fuß überholen wir an anderen Tagen manchen Bus spielend. Heute wäre es zeitweilig auch so.

  • 10:13 Uhr Wir brauchen noch etwas zum Essen. Reicht es für einen Stopp auf dem Markt? Ja, es muss reichen.
  • 10:18 Uhr Der Einkauf ist erledigt.
  • 10:19 Uhr Buslinie 23, fährst du zum Central Bus? Ja, ich fahre.
  • 10:20 Uhr Der Bus kann nicht abfahren. Ein Auto, das hier zu dieser Uhrzeit eigentlich nicht fahren darf, will rückwärts auf die Straße heraussetzen. Problem: auf beiden Straßenseiten stillstehender Busstau. Er muss zurück, da aus der Nebengasse ein weiteres Auto kommt. Huuup, huup. Das Chaos scheint perfekt. Drei Endlose Minuten, noch sieben Minuten bis Buffalo.
  • 10:23 Uhr Endlich geht’s weiter.
  • 10:24 Uhr Irgendwie dauert die Ampelphase heute besonders lang.
  • 10:27 Uhr Ankunft Central Bus
  • 10:28 Uhr Security Check am Eingang vom Central Bus. Dreimal muss ich es probieren durch den Scanner zu gehen. Erst vergesse ich das Handy in der Hose, dann noch den Fotoapparat in der Tasche, zum Schluss ist der Wohnungsschlüssel der Piepsverursacher.
  • 10:28:30 Uhr Vor dem Gepäckscanner ist heute eine besonders lange Schlange. Ich drücke den Rucksack in den Scanner. Leben ist hier nicht einfacher, als in Deutschland.
  • 10:30 Uhr Nur gut, dass ich weiß, an welchem Bahnsteig in diesem großen Gebäude der Bus abfährt.
  • 10:32 Uhr Ankunft am Terminal. Die Uhrzeit auf der Anzeigetafel blinkt schon, der Bus ist noch da, uff, uff, fährt gleich ab.
  • 10:32:15 Uhr Enttäuschung: Die Schlange der Mitfahrwilligen vor dem Bus ist lang, der Bus offensichtlich schon voll. Das war’s dann wohl gewesen. Alle Mühe umsonst… Der nächste Bus fährt erst in einer Stunde.
  • 10:33 Uhr Vielleicht passen wir ja doch noch rein.
  • 10:34 Uhr Auf dem Busbahnsteig daneben fährt ein anderer Bus ein, selbe Busnummer. Aaah, die sind hier jedenfalls sehr flexibel. Ein hohes Lob auf „Egged“.
  • 10:41 Uhr Wir sitzen im Bus. Der Fahrer verkauft noch ein paar Karten, während er – wie fast immer und in jedem Bus – schon fährt.
  • 10:43 Uhr Ich erwische das Egged-Bus-WLAN mit meinem Handy. Dann ist es weg.  Warum? An der nächsten Ampel habe ich es wieder. Neben uns steht der andere 486er Bus. Der hat WLAN, unserer keins. Schade, aber verkraftbar.
  • 11:05 Uhr Wir „donnern“ die Road 90 runter nach Jericho. Diese Busfahrer verstehen sich wirklich auf ihr Geschäft…
  • 12:02 Uhr Ein Gedi hat uns nach zwei Jahren Abstinenz wieder. 40 Grad im Schatten. Da braucht man wirklich ein Schattenplätzchen. Zum Glück sind noch ausreichend frei.

Busfahren in Jerusalem: Wer Geduld lernen will, hat hier ein gutes Übungsfeld. Aber: Vielleicht könnten die Manager der Deutschen Bahn hier in Sachen Flexibilität und Chaos-Management mal einen Fortbildungskurs besuchen…

 

Der Gebetsanliegenfeger

Wir lieben sie, die Klagemauer. Immer wieder sind wir während dieser Tage hier. Einfach dort sein, ein wenig abschalten, reflektieren, beten, beobachten. Ob Gott hier die Gebete besser hört? Der Jerusalem-Faktor mit besonderer Online-Schaltung? Keineswegs!

Aber der Ort ist trotzdem liebenswert für uns! Und er tut gut! Es hat etwas, hier ein paar Momente zu verweilen und zu beten. Schade nur, dass meine Frau in die „Frauenabteilung“ gehen muss. Eine Kippa aufsetzen? Kein Problem. Man kann sie sogar sammeln! Ich jedenfalls habe schon ein paar von den verschiedenen Besuchen. Die aktuellen Kippas aus Stoff mit dem Aufdruck „Western Wall Heritage“, die man sich hier frei nehmen kann, haben echten Souvenircharakter.  Sie halten auf meinen weniger werdenden Haaren sogar sehr gut. Vor zwei Jahren gab es Kippas aus Pappe. Der Jerusalemer Wind hat sie mir immer vom Kopf gefegt. Damals hieß es dann ‚Beten mit Handauflegung“ – auf den eigenen Kopf, versteht sich.

Ob tagsüber in der prallen Sonne oder abends – beleuchtet von grellen Scheinwerfern – hier ist immer etwas los. Abends natürlich mehr!

Die frommen Juden und vor allem die Touristen schreiben ihre Gebetsanliegen auf Zettel, die in die Wand gesteckt werden. Rabbi Pesach Raymon Yeshiva aus New Jersey in den USA hat gleich einen ganzen Umschlag voller Anliegen geschickt. Ich drücke ihn etwas beiseite, um den Aufdruck lesen zu können. Plumps. Da liegt er auf dem Boden. Ich hebe den Umschlag wieder auf und „befestige“ ihn in der Mauerspalte.

Was wird wohl mit den Zetteln gemacht, wenn sie herunterfallen oder es zu viele werden? Auf dem Boden liegen nämlich viele Zettel herum. „Die werden beerdigt“, raunt mir eine ältere Dame später bei einer anderen Gelegenheit ehrfurchtsvoll zu. Wirklich?

Der Western-Wall-Reinigungsdienst weckt mich aus meinen Gedanken. Stühle aufeinander stapeln, Gebetsbücher weg, Lesepulte wegräumen, Müll zusammenkehren. Müll? Das sind ja die Zettel mit den Gebetsanliegen, die da zusammengekehrt und in die Mülltonne geworfen werden. Nachdem ich den Reinigungsdienst fotografiert habe, deutet er mir an, dass er das nicht möchte. Das kann ich verstehen und veröffentliche das Foto deswegen hier nicht.

Wie gut, dass Gebete bei Gott nicht von Zetteln abhängig sind, sondern von unserem Herzen. Aufrichtig, das ist wichtig! So sind für ihn auch die „nichtbeerdigten“ Zettel in der Tonne des „Gebetsanliegenfegers“ kein Problem…

Wie gut!

Hänsel und Gretel in Bethlehem

„Möchtest du in Bethlehem preXXdiXXgeXXn?“ Ich brauche nicht lange, um diese Frage mit einem fröhlich-eindeutigen „JA“ zu beantworten. In Bethlehem preXXdiXXgeXXn zu können, passiert nicht jeden Tag.

Über die Straße nach Hebron kommen wir nach Bethlehem. Schade, dass es nicht anders geht als mit einer hohen Mauer. Die an Jerusalem grenzenden Gebiete unter palästinensischer Verwaltung sind aufgrund der Vorkommnisse der letzten beiden Jahrzehnte durch die Mauer abgetrennt. Seitdem ist es aber wesentlich ruhiger geworden. Ein Vorteil für beide Seiten. Eindeutig. Wir fühlen uns zu keinem Zeitpunkt unsicher, diesseits und auch jenseits der Mauer.

Israel konnte im Jerusalemer Stadtteil Gilo inzwischen auch Mauerteile wieder entfernen, die eine Art „zweiten“ Ring gegen Beschuss bedeutet hatten. Es ist kein erhebendes Gefühl an dieser Mauer zu stehen, das stimmt.  Alle Welt regt sich an diesem Punkt über Israel auf. Dabei wird leider vergessen, dass es an anderen Stellen ähnliche Einrichtungen gibt, wie der über 1000 km lange Zaun zwischen den USA und Mexico. Keine Mauer, aber effektiv – und „tödlicher“.  Dass ein Land seine eigenen Interessen und seine Leute schützt und schützen muss, sollte nicht vergessen werden. Das sage ich offen, auch wenn mir die Mauer an sich nicht gefällt.

Wir fahren weiter. Bethlehem ist nicht so „beschaulich“, wie es in fast jedem Krippenspiel wirkt. Das Leben pulsiert in dieser Stadt mit knapp 30.000 Einwohnern.

„Ich preXXdiXXgeXX hier immer 35 Minuten, sonst schlafen die Araber ein“, sagt unser Begleiter. Das ist bei den hohen Temperaturen – trotz Klimaanlage – ein guter Tipp. „Du kannst die Stimme Gottes hören“! Anhand von Psalm 29 spreche ich über die Möglichkeit, die Stimme Gottes zu hören, was sie in unserem Leben bewirkt und wie wir reagieren können.

Nach dem Gottesdienst gibt es Kuchen und kalte Cola. Wir sind hier im „Haus des Friedens“, wie uns das Türschild aufklärt. Die Besucher sind eher älteren Jahrgangs, aber auch einige jüngere Gesichter sind dabei. Die Gemeinschaft ist sehr herzlich. Wenn Christen sich treffen, spielt nicht in erster Linie die Frage eine Rolle, woher wir kommen, sondern ob wir Jesus lieben. Das verbindet.

Schnell müssen wir nach Kuchen und kalter Cola zurück nach Jerusalem. Zwei Fotos, drei Bussis, „erzähle in Deutschland von unserem Hostel, das wir hier haben…“. Arabisch heftig geht’s auf den ersten Kilometern vorwärts.

Welcome to Jerusalem. Von innen an der Mauer prangt ein großes Schild. Auf dem Rückweg nehmen wir einen anderen Weg. „Die Bethlehemer haben mir den empfohlen“. Am Checkpoint ist Warten angesagt. Während von Jerusalemer Seite die Autos eins nach dem anderen herüberbrausen, geht bei uns „nichts“ voran. Doch, ab und zu. Vielleicht sind 5 bis 10 Autos vor uns. Für uns heißt es warten. Unser christlich-arabischer Autofahrer tippt etwas ungeduldig auf das Lenkrad, schaut zum Fenster raus. Da vorne tut sich wenig.

Nach einer gefühlt guten halben Stunde haben wir den Checkpoint erreicht. Heckklappe bitte auf. Der Pass der besten Ehefrau wird nicht benötigt. „Ach, aus Deutschland seid ihr“. „MP“ prangt deutlich lesbar auf der Schulterklappe, das MG hängt lässig herunter.

Eine wichtige Frage hätte er noch, was denn auf Deutsch „Henzel“ wäre. Das würde er noch unbedingt wissen. Ich verstehe nicht gut und frage nach. Der „MP“ versucht in gebrochenem Englisch zu erklären. „… und Greitellll“. Der Groschen fällt. Bereitwillig erkläre ich es ihm, wer Hänsel denn ist. Nicht nur bei Fragen an der Grenze bemühe ich mich immer sehr wahrheitsgetreu zu sein…  Die Schlange hinter uns ist wohl nicht kürzer geworden. Mir fällt das englische Wort für Märchen nicht gleich ein.

Vielleicht hätten wir ihm doch die ganze Geschichte noch ausführlicher erzählen sollen. Ach, fairytale war’s, richtig.

„Welcome to Jerusalem“. Von Bethlehem aus kommend hört sich das eher „fairytale-like“ an, zumindest in bestimmten Situationen.

Wirklich ein Schmelztiegel

Jerusalem ist wirklich ein Schmelztiegel. Hier prallt alles so stark und eng aufeinander.

Heute haben wir uns vorgenommen den Tempelberg zu besuchen. Es ist Ramadan und deswegen ist der Tempelberg nur von 7.30 Uhr bis 11 Uhr für Besucher geöffnet. Da wir wegen unseres Mietwagens sowieso früh unterwegs sein müssen, nutzen wir die Gelegenheit. Die Moscheen auf diesem Gelände sind seit der zweiten Intifada sowieso nicht mehr zugänglich.

Meine Dreiviertelhose ist akzeptiert, wir müssen uns kein „Röckchen“ kaufen, wie wir bei anderen sehen. Die Dimensionen dieser Anlage sind beeindruckend. Die Ausmaße stammen noch aus den Zeiten des Königs Herodes.

Auf dem Platz vor der Al Aksa Moschee gibt es einen Treppenniedergang. Zugang leider auch gesperrt. Was dort ist, wollen wir wissen. „Eine Moschee unterhalb des ganzen Platzes“, klärt man uns auf. Wahnsinn!

Überall sitzen kleine Gruppen. Die Frauen hier, die Männer dort. Gemeinsam werden Koranverse zitiert. So etwas hatte ich bisher nicht gesehen.  Was mich schon auf jüdischer Seite etwas irritiert hatte, finde ich auch hier: Der Mund ist bei der Sache, die Augen wandern sehr häufig über den ganzen Platz und zeugen von einem gewissen „Multitasking“. Und das vor allem bei den Männern, aber nicht nur.

Wenn Glaube sich nur auf den Mund beschränkt, ist es zu wenig.

Die goldene Kuppel strahlt an diesem Morgen leider nur begrenzt im Sonnenlicht. Unüblich für Jerusalem die vielen Wolken, die sich gesammelt haben. Vor dem goldenen Dach kicken einige muslimische Jungs mit dem Ball. Dass nicht gleich ein Wächter auf dem Tablett steht, wundert mich…

Wir versuchen uns zu orientieren. Wo ist die Klagemauer? Wir setzen uns auf die Steintreppe gegenüber hin und haben zeitnah den gleichen Gedanken: Wir beten hier für die Muslime. Das tun wir für einige Zeit.

Es ist kaum vorstellbar, dass auf der anderen Seite dieser Mauer, etliche Meter tiefer, die heiligste Gebetsstätte der Juden ist. Irgendwann wurden hier mal Steine auf die betenden Juden runtergeworfen, erinnern wir uns. Das geschah auch nicht „rein zufällig“. Das Gitter oben auf der Mauer gibt uns Orientierungshilfe, wo genau die „Western Wall“ ist. Eine halbe Stunde später schauen wir uns das noch einmal von der anderen Seite an.

Jerusalem ist wirklich ein Schmelztiegel, in dem alles zusammen kommt. Die christlichen Kirchen leisten hier auch ihren Beitrag, leider auch nicht immer nur positiv. Der Markt der (religiösen) Möglichkeiten hat in Jerusalem Hochkonjunktur.

Ob der dritte Tempel wohl gebaut wird?  Natürlich bewegt uns an diesem Ort diese Thematik. Wieder und wieder diskutieren wir verschiedene Aspekte dieser Frage. Hat Gott es „bewusst“ zugelassen, dass hier das drittheiligste Erbe für die Muslime gebaut wurde? Was wäre gewesen, wenn die Christen hier eine Kirche gebaut hätten?

Im Internet lese ich später, dass das Mitbringen von „andersreligiösen“ Büchern und andere als muslimische Gebete auf dem Tempelberg nicht erlaubt sind.

Zum Glück lassen sich Gebete in der Regel nicht kontrollieren. Auch nicht das Gideon-Testament meiner Frau und die Bibel in meinem Telefon…

Die „loser“ von Nazareth

Bist du auch ein „loser“? Ich verstehe, ich bin wohl einer, wenn ich der Botschaft direkt vor der „Verkündigungskirche“  in Nazareth Glauben schenken darf.

Nazareth liegt eigentlich malerisch. Unser Mietwagen hat die PS nicht sehr üppig unter der Haube, so „schnauft“ er ganz schön, um in die Heimatstadt von Jesus auf den Berg zu kommen. Wie gut, wer damals einen Esel gehabt hat. Etliche Orte liegen in diesem Land oben auf einem Berg. Das gilt für Jerusalem – und auch Nazareth. Von Nazareth ins Land hinein ist es ein einfacher Weg, da es „bergab“ geht. Auf der einen Seite in die Jesreel-Ebene, auf der anderen Seite nach Kana. Natürlich wird hier das erste Wunder Jesu ausreichend mit Hinweisschildern bedacht – und mit Souvenirläden.  Wer zu Jesu Zeiten nach Nazareth ging, der musste recht gut zu Fuß unterwegs sein…

„Was kann aus Nazareth schon Gutes kommen“, hat man ja über Jesus gesagt. Und heute?

Nazareth ist überwiegend arabisch geprägt. An den Ladenschildern ist das eindeutig zu erkennen. Dass es in der Verkündigungskirche, der „christlichen Hauptattraktion“ von Nazareth, mehr um Maria, als um Jesus geht, stört mich auch. Die Glocken klingen trotzdem gut und eignen sich für ein kleines Video. Den Muslimen aber ist die christliche Präsenz in der Stadt grundsätzlich ein Dorn im Auge. Unterhalb der Verkündigungskirche sollte eine zentrale Moschee gebaut werden. Dort gibt es heute ein übergroßes Schild (Foto bitte durch Klick vergrößern!), das neben einer kleinen (eher symbolischen) Mini-Moschee aufgestellt ist.

Verlierer – wer nicht dem Islam anhängt. „Depp“ ist auch eine mögliche Übersetzung für „loser“. Provokant. Direkt vor einer „christlichen Gedenkstätte“. Man stelle sich vor, selbiges würde vor einer muslimischen Gedenkstätte geschehen… Das Chaos wäre perfekt.

Man muss den Hintergrund des Konfliktes wissen: Hier stand einstmals eine staatliche Schule, die von einer kommunistischen Mehrheit im Stadtrat vor der Jahrtausendwende zum Abriss freigegeben wurde. Unter dem Druck der Muslime genehmigte die israelische Regierung zunächst den Bau einer Moschee an dieser Stelle.

Jetzt steht an dieser Stelle eine „Mini-Moschee – und das Schild. Überall im Land wird einem bewusst, wie sensibel das „Gleichgewicht“ der Religionen ist. Dieses Land gut zu regieren, ist ein Meisterstück, unabhängig von der Frage der palästinensischen Autonomiegebiete.  Beten wir für Weisheit für die Regierung von Israel!

Mein Gebet für die Moslems gerade jetzt während des Ramadans ist, dass sie eine Offenbarung über Jesus bekommen und erkennen, wann man wirklich ein „loser“ ist…

Pay half – get double: Pizzavermeeeeeehrung in Netanya

Kauf drei und bekomme eins frei! Das Werbemotto findet man in Israel in größeren Geschäften nicht selten.

Samstagabend, der Schabbat ist zu Ende. Das Leben erwacht wieder. Wir sind auf dem Weg von Tiberias über Nazareth nach Jerusalem zurück. Na klar, wir wollen noch mal ans Mittelmeer. Baden um 21 Uhr in Netanya. Das Wasser ist badewannenwarm, die Brandung mahnt zur Vorsicht. Trotzdem – wir trauen uns. Super.

Anschließend haben wir Hunger. Während auf dem zentralen Platz in Netanya eine Demo in Verbindung mit den landesweiten Protesten gegen Wohnungsnot und hohe Lebenshaltungskosten ihren Lauf nimmt, bestellen wir Pizza. Beim Pizza-Service mit kleiner Bar dabei. Der Laden scheint gut zu laufen. Hochbetrieb, alle Momente fährt ein Motorroller mit Pizza-Lieferung los.

Zehn Minuten würde es dauern, der Preis mit einem großen eisgekühlten Getränk nach Wahl für drei ist akzeptabel, ich bezahle mit Kreditkarte. Als nach einer halben Stunde immer noch keine Pizza in Sicht ist, aber haufenweise Motorroller abgefahren sind, frage ich vorsichtig mal nach. Man will ja nicht ungeduldig wirken, aber die Nachbarn neben uns haben auch schon bekommen, obwohl sie wesentlich später kommen.

X  hinter der Theke fragt Y, Y fragt Z, Z wendet sich per Zuruf an X.  Man zuckt mit den Schultern. Keine Ahnung. Vergessen? Weiß nicht. Man windet sich. Ich werde energischer, das ist für mich nicht akzeptabel. Man meint hier einfach, das aussitzen zu können. Ich werde etwas deutlicher, immer noch betont höflich.

Schließlich merkt man, dass der deutsche Tourist sich nicht „abspeisen“ lässt. Ok, ok, wir geben uns Mühe. In fünf Minuten ist es soweit. Man drückt mir die Hälfte des Pizza-Preises als „Entschädigung“ in bar in die Hand.

Einverstanden! Ich frage noch nach einem weiteren kleinen Getränk. Kostenlos. Auch einverstanden.

In fünf Minuten ist die Pizza tätsächlich auf unserem Tisch. Der Belag entspricht zwar nicht wirklich dem, was wir bestellt haben, aber sie schmeckt ausgezeichnet. Wir sind zufrieden.

Als die Pizza halb in unserem Magen versenkt ist, kommt der „Verursacher“ und fragt mach, ob alles ok wäre. Ja, alles bestens. Pizza gut, Cola kalt…

Er hätte da noch eine Pizza, ob wir dafür Verwendung hätten. Free!

Ich fackele nicht lange. Ja, haben wir.

Die Reste der Pizza schmecken am kommenden Abend noch gut – aufgewärmt.

Pizzavermeeeeeehrung in Netanya: Pay half – get double. Warum nicht auch mal so…

 

(K)ein Platz für das Haupt in Galiläa

Tiberias. Hier war Jesus mit seinen Jüngern unterwegs, fuhr auf dem See Genezareth mit ihnen „spazieren“ und lehrte sie Lektionen des Glaubens. Brotvermehrung, Seligpreisungen, Kapernaum – viele Stichworte fliegen durch unseren Kopf.

Unsere Planungen sind, wie fast alles auf dieser Reise – spontan. Mittwoch miete ich das Auto, mit dem wir am Freitag losfahren wollen. Am Donnerstag stoßen wir unsere ursprünglichen Pläne um. Wir machen zwei Tage im Norden, mit Übernachtung. Das tote Meer verschieben wir einfach…

Jesus hatte oft keinen Platz, wo er sein Haupt hinlegen konnte. Aber irgendwo hat er dann wohl doch geschlafen. Mal sehen, wie es uns ergehen wird. Hochklassige Hotels sind heute in Israel kein Problem, das nötige Kleingeld vorausgesetzt.

Irgendwie geraten wir kurzfristig an die Telefonnummer einer Frau in Tiberias. Donnerstagabend rufe ich an. „Können wir morgen zu dritt kommen“. „A couple and one wife extra“. Der Englischfehler ist mir kurz darauf höchst peinlich, das Telefonat aber stimmt mich sehr fröhlich.

Unser „bed and breakfast“ liegt unweit vom Clubhotel hoch oben über dem See, der Ausblick von der Terasse ist fantastisch.

„For God so loved the world“. John 3,16. Die Bilder im Eingang zeigen uns schnell, wo wir hier gelandet sind. Gläubige Leute. Schnell sind wir miteinander in tiefsten Gesprächen, so dass wir uns kaum losreißen können, um in Tiberias noch „Petrusfisch“ genießen zu können.

Wir fühlen uns schnell „wie zu Hause“. Das Frühstück ist bestens, der Ausblick vom Balkon der Gastgeber lässt einem am Morgen fast den Atem stocken. Vor unserer Abreise beten wir miteinander und müssen noch deutsche Lobpreislieder singen.

Es ist wirklich „turbointeressant“, welche Leute wir während dieser Reise alle kennenlernen und treffen.

Gerne geben wir natürlich auf Anfrage den Tipp weiter…

Hugo, der Biber von Yardenit

Nennen wir ihn einfach Hugo.  Ihn lerne ich in Yardenit kennen. Scharen von Pilgern kommen hier jährlich her, um sich im Jordan taufen zu lassen – oder die Taufe zu erneuern. Oder weil sie neugierig sind.

Hugo lebt am Jordan, am südlichen Ende des See Genezareths. In der leicht erdfarbenen – eher Brühe als Wasser – lebt er mit seiner großen Familie. Mehrere Familienmitglieder sichte ich an diesem Freitag. Hugo lässt sich von den Pilgern bereitwillig mit Brot verwöhnen. Immer, wenn er fertig ist, macht er „Männchen“. „Will mehr“. Selbst wenn man kein Hebräisch versteht, kann man das auslegen. Hugo kriegt mehr. Und die vielen dicken, fetten Jordanfische, die sich nebenbei gesammelt haben, auch.

So kann ich Hugo artig portraitiren. Ich bin begeistert.

Es ist hier heißer als in Jerusalem. Wesentlich heißer. Ein paar russische Freunde haben sich ein Taufgewand besorgt, um hier schwimmen zu können. Scheinbar sind sie schon getauft. So verliert der Wunsch unbedingt im Jordan getauft worden zu sein, doch etwas an Mythos und Glanz… Bei unseren letzten beiden Besuchen war hier immer ordentlich „Taufbetrieb“.

Am Morgen sind wir 100 km weiter südlich, gleich gegenüber von Jericho. Auch dort gibt es eine Taufstelle. Die schon länger auf jordanischer Seite existierende Taufstelle mit alter Kirche hat auf israelischer Seite ein Pendant bekommen. Dazu hat man von der Grenzanlage einen Korridor zum Jordan gebaut, durch den man jetzt bequem Zugang hat. Dies ist erst vor ein paar Wochen fertig geworden, so hören wird.

„Heute morgen waren schon Deutsche da“, erzählt mir der israelische Soldat, der hier heute gemeinsam mit einem Kollegen Dienst hat. Ob er uns fotografieren würde? Na, klar. Zum Glück richtet sich sein MG nur auf den Boden. Wie meistens. Irgendwie verliert man den inneren Respekt, wenn man täglich von (jungen) Menschen umgeben ist, die so ein Gerät „spazierentragen“. Das ist in Israel ganz normal. Überall.

Drei Jahre müsse er im Militär dienen. Hier würde man ja wirklich mehr Soldaten brauchen als in Deutschland. Recht hat er. Klar, hier sollte möglichst keiner über den Jordan schwimmen, der hier nicht gerade breit ist.  Ob denn heute schon jemand getauft worden ist, will ich wissen? „Getauft“, was ist das? Vielleicht liegt es am Englischen oder er macht hier heute zum ersten Mal Dienst, sonst kann ich mir die Unkenntnis kaum vorstellen.

Diese Taufstelle, so wird uns klar, hat durchaus das Zeug zu einer neuen Attraktion für Taufwillige und Touristen zu werden, zumal der Weg von Jerusalem hierher nicht sehr weit ist. Und es ist irgendwie authentischer als in Yardenit.

Und in Israel ist man nicht auf den Kopf gefallen, wenn es darum geht, den christlichen Pilgern etwas zu bieten – auch bei aller höflichen Abgrenzung dem Christentum gegenüber.

Am Schabbat sind wir in der Gemeinde von Pastor D. in Tiberias. Die Gemeinde hat in den letzten Jahren ein erfreuliches Wachstum erlebt. Hebräisch, Englisch, Russisch, Gebärdensprache. Viele russische Leute gehören zur Gemeinde. „Wir haben die Informationen in vielen Sprachen ausgedruckt“, sagt der Pastor. Wir fühlen uns sehr wohl. D. ist sehr väterlich und gibt der Gemeinde eine gute Grundlage im Wort Gottes. Als er mich entdeckt lächelt er mir von der Kanzel aus zu. Nun gut, zuordnen kann er mein Gesicht nicht, aber dafür war der persönliche Kontakt während des Besuchs im vergangenen Jahres in unserer Gemeinde auch zu kurz.

„Heute morgen vor dem Gottesdienst haben sich 15 taufen lassen. Wir wollen sie jetzt im Gebet segnen“. D. holt die 15 Täuflinge nach vorne. Welch eine Freude, nicht nur in Tiberias.

Ob Hugo der Taufe beigewohnt hat oder ob sie woanders stattgefunden hat (vermutlich), lässt sich leider für uns nicht feststellen. Er hätte sich sicher auch gefreut.

Leider nicht hier…

Sorry, er ist leider nicht hier. Auch keine Überreste von IHM. Kein Bild. Keine Statue. Keine Ikone. Keine Marienfigur. Kein Grabtuch. Keine Nägel. Kein sonstwas.

Einfach ein leeres Grab!

„Dieses Schild hast du doch jedes Mal fotografiert, wenn wir hier waren.“ Richtig, habe ich. Aber es muss auch dieses Jahr wieder sein.


Wir sind im Gartengrab. (The Garden Tomb). Im Gegensatz zur Grabeskirche ist dies ein Ort, an dem man wirklich abschalten und auftanken kann. Die Schlichtheit beeindruckt.

Im Felsen ist ein Grab ausgehauen, wie man sich das Grab Jesu vorstellen könnte. Es wird nicht der Anspruch erhoben, dass dies wirklich „das Grab“ war. Die Schlichtheit ist das Besondere dieses Ortes.

Die Botschaft muss immer wieder in ihrer Einfachheit wiederholt werden.

Er ist nicht hier! Er ist auferstanden! Er lebt. ERlebt!

Mehr nicht.

Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit. Hebr 13.8