Wenn jeder Dritte ein Chinese ist

Wenn etwa jeder Dritte, den du siehst, ein Chinese ist oder asiatisch aussieht, bist du entweder in Asien, oder Ende Oktober 2015 in München – beim „Global Gathering“ in der Olympiahalle. Da es gut in meinen Zeitplan hineinpasst, folge ich der Einladung des ägyptisch-kanadischen Arztes David Demian, bei dieser „Nicht-Konferenz“, wie er im Juli beim Pastorentreff ausdrücklich erklärt, in unserer Stadt teilzunehmen.

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Ich treffe viele bekannte Gesichter, meine Pastorenkollegen sind sehr gut vertreten. „Wir wissen, wann wir anfangen“, bekennt David Demian schon im Vorfeld, „aber wir wissen nicht, wann wir aufhören – und wo wir landen.“  So bin ich richtig gespannt, wie er und sein Team das umsetzen werden.

Ungeplant, doch nicht chaotisch…
Was ich hier erlebe, haut mich buchstäblich um. Die Leitung der Versammlungen geschieht wirklich so, wie im Vorfeld angekündigt. Obwohl in etwa 5000 Besucher in der Olympiahalle sind, ist sehr wenig geplant. Lobpreis wird ganz groß geschrieben, Predigten gibt es eigentlich nicht. Man nimmt sich Zeit zur Anbetung und zum Warten auf Gott, meistens nicht unter zwei Stunden. Ja, natürlich hat das Team einige Lieder vorbereitet, aber dann wird großer Freiraum gegeben, so dass sich der Lobpreis zu einem Fluss entwickeln kann, der sich erst während des Fließens formt. Die Lobpreisleiter wechseln „on the fly“, mal die Araber, mal die Deutschen, mal die Chinesen. Liedtexte entstehen während des Lobpreises, das Beamerteam schreibt eifrig mit – in bis zu fünf Sprachen gleichzeitig, Chinesisch und Arabisch inklusive. Und laut ist es – ich schenke voll Mitleid meiner Nachbarin meine Oropax, für die sie sehr dankbar ist …

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Fahnenschwenker verteilen sich über die ehrwürdige Olympia-Arena, das Sicherheitspersonal der Münchner Feuerwehr und der Sicherheitsfirmen schaut verdattert, während Hunderte extrovertiert vor der Bühne tanzen und die Polonaise sich durch die ganze Arena zieht. „Nein, es dürfen aus Sicherheitsgründen nicht mehr Leute in den Innenraum der Arena“, bremst Martin Egli vom Wächterruf, der von deutscher Seite mitleitet. Besonders inspiriert mich das Tanzteam. Bei jedem Auftritt in anderer Kleidung und mit Accessoires in der kreativsten Form, gibt es jeder Session eine besondere, manchmal richtig ehrfurchtserweckende Note, besonders als mit Tüchern symbolisch der Thron Gottes nachgezeichnet wird.

Jubel, Proklamation, Gebet – es reißt auch mich immer wieder förmlich vom Sitz, Tanzen ist oben im Rang etwas schwierig. Am prophetischen Tisch kann man seine Eindrücke aufschreiben. Ich finde es total spannend in diesen Tagen dabei zu sein, weil man kaum weiß, was als nächstes kommt.

Messianische Juden und Araber
Etwa 150 arabischsprechende Teilnehmer sind dabei. Und eine israelische Delegation messianischer Juden. Sie werden zum gemeinsamen Gebet der Annahme und der Segnung eingeladen. „Wir lieben euch als arabischsprechende Geschwister durch die Liebe, mit der Jesus uns geliebt hat. Und wir wollen das zuerst und besonders tun.“ Es ist ein starker Moment, als sich Juden und Araber in den Armen liegen. Sie wollen gemeinsam für Frieden und Versöhnung eintreten und so ein Zeichen setzen. Souverän und mit viel geistlichem Feingefühl und Autorität leitet David Demian die Anwesenden in ein Segensgebet für die beiden Gruppen. So wie er die messianischen Juden während der ganzen Konferenz immer wieder zentral einbindet. Das Abendmahl teilen Juden und Araber gemeinsam aus – es gibt als Brot bayerische Brez’n. Die Halle lacht. „Typisch deutsches Brot, eben“, sind die Ausländer ganz unverkrampft.

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Besonders seitens der messianischen Juden wird ein Segensgebet für die Deutschen formuliert. „Ihr habt von Gottes Berufung her eine Leitungsrolle unter den Nationen – und ihr müsst euch wegen eurer Vergangenheit dafür nicht schämen.“ Zuspruch geschieht zur deutschen Delegation. Applaus brandet durch das weite Rund der Olympiahalle. Ja, man will sich wirklich der Berufung stellen.

Viel mehr Chinesen wollten kommen
Doch zurück zu den Chinesen. Wie viele genau da sind, weiß ich nicht, es heißt 1500. Aber ich weiß, dass ich mit vielen persönlich gesprochen und sie „gedrückt“ habe. Herzliche Umarmung ist hier sowieso wie selbstverständlich, Küsschen rechts und links. Wir heißen die Chinesen in München herzlich willkommen, sie drücken ihre Liebe und ihre Last für Deutschland aus. „Wir beten intensiv für euch“, heißt es immer wieder. „Wir sind euch so dankbar, dass ihr als Europäer vor 150 Jahren Missionare nach China geschickt habt.“ „Mission reverse“, ich ahne, was an Potential darin liegt! Welch eine enorme Kraft hat das Gebet dieser Geschwister. Das müssen wir uns als Deutsche zu Nutzen machen, es darf nicht brach liegenbleiben. Viel mehr Chinesen wollten nach München kommen, sind aber am Visum gescheitert.

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Dann kommen mehrere Hundert von ihnen auf die Bühne, knien nieder, beten für Deutschland,  schreien zu Gott für geistliches Leben in unserem Land. Das geht tief. Die Halle geht mit. Eine 17-Jährige Chinesin kommt und gibt ihre Vision weiter, sieht eine starke Verbindung zwischen Deutschland und China. „China unterstützt Deutschland geistlich, dass ihr in eurer Berufung leben könnt.“ Später habe ich Gelegenheit, mit Papa L. persönlich zu sprechen. Er ist einer der Leiter der größten Hauskirchenbewegung in China. Auch er bestätigt das Gesagte, aber die Sprachbarriere macht die Kommunikation nicht so einfach. Einen Tag nach der Konferenz gibt mir die Übersetzerin, die in der Halle spontan hilfreich einsprang, per eMail eine Einladung weiter, ob ich bereit wäre in China zu dienen, Papa L. würde mich einladen …

Die Brücke nach China ist für mich in diesen Tagen besonders deutlich sichtbar. Wir stehen in der Halle in kleinen Kreisen und beten füreinander, Deutsche und Chinesen. Dabei steht im Vordergrund, sich gegenseitig zu unterstützen. „Wir brauchen einander“. Segnend, fürbittend treten die Nationen füreinander ein, während vor der Bühne etliche sich unter einer großen chinesischen Flagge sammeln. Dann wird erwähnt, dass Kanzlerin Merkel gerade heute in China wäre, was zu einer Extra-Segensgebetsrunde für sie und ihre Arbeit leitet.

Auch diese Grenze muss fallen
Am letzten Tag wendet sich die Versammlung den Koreanern zu. Dankbar wird ihrerseits erwähnt, dass Deutschland als Nation den Koreanern damals in einer wirtschaftlich schwierigen Situation großzügige Finanzhilfen gab. „Ihr Deutschen habt uns nicht verwaist gelassen, als wir es nötig hatten.“ Aber geistlich wäre man, trotz großer Gemeinden, manchmal „vaterlos und verwaist“. „Ihr als Deutsche habt die Erfahrung des Mauerfalls gemacht, betet auch für unsere Nation, dass Nord- und Südkorea wiedervereint werden – und dass echte Vaterschaft gelebt wird.“ Auf der Bühne treten Trompeter auf, die Schofarbläser im Saal stimmen mit ein und die Fürbitte für Korea und dessen Wiedervereinigung entwickelt sich zu einem fast ohrenbetäubenden Gebet – ohne dass „gepuscht“ wird.  „Beten haben Tausende von Deutschen bei euch gelernt“, betont Ortwin Schweitzer vom Wächterruf. „Dafür sind wir euch Koreanern überaus dankbar – und für die Beter, die ihr zu uns geschickt habt.

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Ein weiterer Fokus ist das ehrende Miteinander der Generationen. Am Dienstagmorgen kommt die junge Generation auf die Bühne. Man geht aufeinander zu, betont die Notwendigkeit des Miteinanders, sowohl von den „Alten“ als auch den „Jungen“ – und gibt der jungen Generation Raum. Unabhängig von Alter, Status, Nationalität und Geschlecht geschieht hier ein Miteinander, das beispielhaft ist.

Am Mittwoch muss ich etwas früher gehen, da wir noch Termine haben. Schade, dass ich die Aussendung und die Schlussworte nicht mehr mitbekomme. Es war wirklich eine „sehr außergewöhnliche Nicht-Konferenz“. Für mich persönlich – und überhaupt.

Hinweis: Gott24.TV überträgt die Aufnahmen von Global Gathering am Samstag (7.11.) ab 14:00 und jede Nacht ab 23:30 diverse Wiederholungen davon.  

Mit einem smarten Briten zu Gast in Garmisch …

davidEr hüpft, springt, gestikuliert, ist begeistert und herausfordernd zugleich: David Hind, leitender Pastor der Trinity Life Church aus Leicester (Großbritannien) ist an diesem Wochenende zu Gast auf der Klausur, zu der sich die Ältesten und die Erweiterte Gemeindeleitung nach Garmisch-Partenkirchen aufgemacht haben.

„Wo sind die Berge“. David ist enttäuscht, dass die Alpen an diesem Freitagmorgen nicht zu sehen sind. „Das ist eine Frage des Glaubens“, heißt es in der Runde. „Sie sind da, man sieht sie nur nicht, weil die Wolken vor ihnen hängen“. Irgendwie spiegelt das die Tage gut wieder: David gelingt es, den Blick auf die „verborgenen Dinge“ zu lenken. Er nimmt uns mit in für Leitungsteams wichtige Gedanken und Prozesse hinein. Unser Freitagsmittagsspaziergang führt uns auf die Burgruine Werdenfels – bei herrlichster Sonne.

Und dann ist David prophetisch. Fast beiläufig sagt er Einzelnen in der Gruppe Dinge direkt auf den Kopf zu, singt für jemanden ein Lied, dient mit Tiefe und Natürlichkeit. Interessant zu sehen ist, wie schnell er sich geistlich und menschlich auf unser Leitungsteam eingestellt hat.

„Sei leidenschaftlich. Tut das, was ihr tut, von ganzem Herzen.“ In seiner Abschluss-Session fasst David seine Gedanken noch einmal zusammen. „Gebt ein klares Signal in die Gemeinde hinein“. Damit fordert er die Leiterschaft – und besonders auch mich – sehr direkt heraus.

„Lauft und rennt, bis ihr über die Ziellinie kommt.“ Das ist der dritte Schlusspunkt, den David motivierend setzt. Alex und Benjamin übersetzen ihn. Zum Schluss feiern wir Abendmahl und beten auch für David.

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Die Jugendherberge in Garmisch ist uns mittlerweile ein vertrauter Ort für solche Klausuren. In Zusammenspiel mit der Oasekirche in Garmisch, die beim letzten Mal, als die Blaskapelle neben uns übte, zum Zufluchtsort wurde, sind die Möglichkeiten vielfältig. Der diesmal angekündigte a-capella-Chor, der auch wirklich drei Räume weiter hinten übt, stört uns gar nicht. So müssen wir das Angebot der Oasekirche, gerne wieder zu ihnen zu kommen, nicht annehmen. Sie haben, so sehen wir später, ein liebevolles Willkommen auf den Tisch gedeckt – mit Schokoladenherzen.

Klaus von der Oasekirche zeigt Petra und mir am Ende der Klausur noch ihre Raumerweiterung. Für einen sehr (!) günstigen Preis kann die Gemeinde sich jetzt räumlich erweitern, da ein ehemaliger Getränkemarkt „dicht“ gemacht hat, so dass sie einen Gottesdienstraum für über 100 Personen bekommen. Das ist jetzt der dritte Schritt in diesem Gebäude. Klasse, wir freuen uns mit ihnen.

Im „praktischen Teil“ entscheidet die EGL gemeinsam, dass es in diesem Jahr keine „Hinterbärige Weihnacht“ geben wird. Angedacht ist, dass es zweijährig stattfinden kann, wenn eine Person gefunden wird, die die Hauptverantwortung und -leitung übernehmen möchte. Falls sich hier in diesem Jahr noch kurzfristig etwas tut, soll die Entscheidung noch einmal überdacht werden.

Etliche geistliche Worte und Bilder ergänzen die Klausur. Auf der Rückfahrt im Auto reflektieren wir über die Gedanken und Ergebnisse. Viel haben wir mitnehmen können, sind Petra und ich uns einig.

Einladung zum „Jahr der Dankbarkeit“

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Ein dankbares Leben ist ein gesundes Leben. Körperlich, seelisch und geistlich. Ein für 2015/2016 ausgerufenes „Jahr der Dankbarkeit“ soll eine Kultur der Dankbarkeit fördern. Die Vision der Initiatoren ist, eine Kultur der Dankbarkeit im Privaten und in der Öffentlichkeit zu entwickeln und zu fördern Ein ehrenamtlicher Vorstand und viele Partner in den deutschsprachigen Ländern, darunter auch der BFP, laden zur Beteiligung ein.

„Diese Aktion kann wirklich gesellschaftsrelevant werden. Menschen, quer durch die Gesellschaft, können dafür sensibilisiert werden, das Gute in ihrem Leben zu entdecken und in Wort und Tat zum Ausdruck zu bringen“, sagt Ralph Habener (Pastor in Bad Hersfeld), der den BFP im Trägerkreis des Jahres der Dankbarkeit vertritt. „Dankbarkeit für das Normale und Alltägliche lässt uns zufriedener werden: Dank für Freiheit, Frieden. Dankbarkeit in Ehe oder Familie genauso wie in Büro, Nachbarschaft oder Sportverein. Und schließlich geht es darum, in der Gesellschaft eine Kultur der Dankbarkeit in Kirche und Gemeinde einzu¬üben.“

Das „Jahr der Dankbarkeit“ schließt sich an zwei Vorläuferprojekte an: das „Jahr der Stille“ 2010 und das Projekt „Glaube am Montag“. Es beginnt am 3. Oktober 2015 bis zum 2. Oktober 2016 und ist somit das dritte Projekt dieser Art.

Menschen sollen neu lernen, Gott und einander zu danken. Jede und jeder kann mitmachen! Michael Diener, Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbands und Vorsitzender der Evangelischen Allianz schreibt dazu: „Wir sind überzeugt davon, dass dieser Danke-Prozess uns selbst verändert. Und dann auch viele andere Menschen. Wir hoffen, dass das in der Summe dann im Land spürbar wird. Wir möchten gemeinsam der Unzufriedenheit und Nörgelei etwas entgegensetzen und laden alle, die das auch wollen, zum Mitmachen ein.“

Um nun dieses dankbare Leben ganz praktisch und kreativ in die Tat umzusetzen, bietet die Initiative auf ihrer Homepage www.jahr-der-dankbarkeit.net eine Fülle von hilfreichen Produkten und Materialien an, so dass man persönlich diese neue Haltung für sich im Alltag, aber auch in Kleingruppen und Gottesdiensten umsetzen kann. Ein Ideenheft gibt hierzu viele praktische Anregungen.

Das Erntedankfest 2015 und das Jubiläum 25 Jahre Deutsche Einheit sind gute Gelegenheiten, um Dankbarkeit im Großen zu praktizieren. Aber auch im Kleinen können wir Dankbarkeit walten und wachsen lassen.

(hi,rh,up)