„In the middle of nowhere“

Nun bin ich wirklich in Afrika angekommen. Unterhalb  der Drakensberge haben wir die ersten Zelte unseres „Camps“ aufgeschlagen, morgen kommt das große Versammlungszelt. Abends droht ein Gewitter aufzuziehen, aber unter Gebet verschwanden die dunklen Wolken. Umgeben sind wir von unzähligen Rundhütten, tlw. mit Stroh, tlw. mit Blechdach, wie man es von Bildern kennt.

Die Einwohner hier glauben, dass im Berghang eine große Schlange lebt. Sieben Köpfe hätte sie. Man ist sehr dem Ahnenkult verbunden. Ein Pastor der Apostolic Faith Mission, das ist einer der Pfingstbewegungen in Südafrika, spricht zwar kein Englisch, kümmert sich aber rührend um die Details, wie zum Beispiel die Toilette, aber hübsch der Reihe nach.

Um morgens noch eine „letzte Dusche“ nehmen zu können, stehe ich früher als geplant auf. Ein letztes Mal eMails checken, Frühstück halb im Stehen, dann geht es los. Alles ist generalsstabsmäßig geplant, die Zelte sind verladen, die Autos gepackt. Ich bin im mittlerweile 429-tausender Mercedes eingeteilt, am Steuer sitzt K..

„Man muss in Südafrika schon ein wenig ‚tough‘ sein, um alle Herausforderungen meistern zu können.“ Während der langen Reise haben wir viel Zeit zum Sprechen. Ich bewundere K.. Allein, was ihr an diesem Tag an zu meisternden Situationen begegnen wird, reicht für den ‚Normalbedarf‘ mehr als aus. „Ich fühle mich sehr wohl hier in Südafrika“, gibt sie freimütig zu und man spürt ihr es wirklich ab. C. wird noch schnell zum Kindergarten gebracht, heute ist K. nicht als Lehrerin an der Deutschen Schule tätig, sie hat frei – und kann ein Teil des Teams zum Missionseinsatz fahren. Das geht nicht anders, weil das Missionsauto Zicken macht.

Vor der Abfahrt wird der Ölstand geprüft und nachgefüllt, selbst ist die Frau. Beim Überholen ist sie keineswegs zimperlich, leider geht das Fenster der Fahrertür nicht mehr auf. So wird halt einfach während der Fahrt, wenn es nicht so schnell vorwärts geht – was an diesem Tag öfter der Fall ist – die Tür aufgehalten. Nebenbei wird die Reparatur des anderen Autos am Handy organisiert, …..

Pietermaritzburg, 2 Stunden später. Wir halten in einer Mall, um noch einige Dinge zu besorgen. Der deutsche Gast hätte gerne eine Handy-Karte fürs Iphone möglichst mit Internet-Flatrate. Auch hier kann K. beraten. Leider scheitert die Aktion an einem fehlenden Dokument, das man hier seit neuestem dafür braucht.

Bulwer, 5 Stunden später. Über Handy wird Kontakt zu den anderen Fahrzeugen gehalten. Hier auf mittlerweile über 1400 Meter wird nachgetankt. B.s LKW ist mit 620 Stühlen und dem kompletten Zelt mehr als gut beladen. „Der neue LKW ist so ein Segen für uns“, schwärmt K. Und das stimmt. Das Desaster des geklauten LKWs hat sich in großen Segen verwandelt. Wer die Geschichte nicht kennt, dem fehlt etwas!

Ich nutze den Tankstop dazu, um ein paar Fotos dieser kleinen Siedlung zu machen. Ausserhalb des Ortskerns stehen viele neue einheitliche Häuser, besser gesagt Hütten. Der Staat hat jedem eine eigene Wohnung versprochen und ist fleißig dabei dieses Versprechen umzusetzen.

Als zweites trifft das Gespann der afrikanischen Mitarbeiterin Ma. ein. Sie fährt das schwere Pickup-Wohnwagengespann mit großer Souveränität, „wie M. Schuhmacher“ lächelt sie stolz. Ansonsten ist sie der Dreh- und Angelpunkt der Teamorganisation, so dass B. den Kopf für andere Dinge frei haben kann. B. meldet per Handy, dass er etwas später kommt. Reifenprobleme.

6 Stunden später – wir biegen auf eine Schotterstraße ein. Wie weit noch? Etwa eine Stunde. OK, das ist auszuhalten. Es werden daraus nahezu zweieinhalb Stunden, gefühlte 70 Kilometer, in Wahrheit vielleicht 20. Rauf und runter über Stock und Stein, vorbei an malerischen Hütten. Afrika, hier sind wir.

Unzählige Kinder winken am Straßenrand. Der kleine Konvoi erregt schon Aufsehen, das ist hier nicht jeden Tag zu sehen. Die Mitarbeiter verteilen vom fahrenden Wagen die Handzettel für die Veranstaltungen.

Kurz vor dem Ziel mag der 429-er Mercedes nicht mehr. K. beugt sich entnervt über das Lenkrad. Mit diesem Gefährt soll sie heute noch die gleiche Strecke zurückfahren. Über Handy kontaktiert sie die Werkstatt. „Wir sind hier in the middle of nowhere, der gleiche Fehler, warum ich den Wagen schon neulich bei dir hatte“.

Der Mechaniker empfiehlt ein Überbrückungskabel zur Zündspule zu legen, ich bin skeptisch. Agent 007, so nannte sie sich in einer eMail kürzlich, werkelt selbst unter der Motorhaube herum, auch der deutsche Gast versucht sich. B. und die anderen Mitarbeiter schwärmen aus, um ein Kabel zu suchen.

„Muss dieser Schlauch nicht zusammengesteckt sein?“ Agent 007 zieht an einem Kabel herum. Ich nicke zustimmend. In meinem Rucksack finde ich noch ein gelbes „Gilad-Schalit-Hoffnungsbändchen“ aus Jerusalem, mit diesem flicke ich die Schläuche notdürftig zusammen. Ein weiterer Versuch: Der 429er springt wieder an. Lob und Dank. Über Telefon werden die Kinder informiert, Mama kommt erst später, wohl erst gegen 9 oder 10. So ist das Missionarsleben….

Inzwischen sind wir auf dem Gelände eingetroffen, wo das Zelt aufgebaut werden soll. Eine Frau aus dem Dorf heißt uns mit Saft und Wasser willkommen. Man soll es bedenkenlos trinken können. OK, in zwei Tagen werden wir schlauer sein….  Nach der langen Reise habe ich ein „dringendes Bedürfnis“. Der Pastor, so wird mir übersetzt, will sich erst persönlich von der „Location“ überzeugen. Die Bretter auf dem Plumpsklo sind frisch zusammengenagelt – es duftet einigermaßen angenehm, nur wenige Fliegen sind da. Ich bin erleichtert, in Sibirien hatte ich schon nettere Erfahrungen…. Hurra, mein Klo für die nächsten zwei Wochen. Dusche? Mal sehen, wie wir das hinkriegen werden. Sauber werden die Leute ja auch hier irgendwie…

Was ich an solchen Reise liebe, ist das Unerwartete, das oft Schwierige, das hohe Maß an Flexibilität, das man mitbringen muss – und es gibt an jedem Tag unzählige Gelegenheiten zum Gebet, weil man sonst nicht weiterkommt.

B. ist bereits auf dem Zeltplatz vermessungsingenieursmäßig unterwegs. Die Afrikaner umringen ihn und helfen sehr willig, aber zielführendes Mitdenken fällt ihnen eher schwerer. K. verabschiedet sich, nicht ohne für ein paar Kilometer noch Teameskortierung zu bekommen.  „Morgen bauen wir das große Zelt auf, heute nur zwei kleinere, damit wir für die Nacht etwas haben.“ Ich versuche mich auch am Einschlagen der Erdnägel. Vom Boden ist B. begeistert, die Nägel gehen gut rein. „Hier ist ein guter Boden für die Evangelisation“, scherzt er.  Die Wolken kommen immer drohender nah, verziehen sich aber dann nach kurzer Zeit wieder.

„Hast du schon wieder vergessen, wie die Knoten gehen“. B. tadelt seinen leitenden Mitarbeiter. In der Tat stellt er sich etwas hilflos an, bis ein anderer zur Hilfe kommt. Ich denke an die Royal Rangers, die jetzt hier eine gute Aufgabe hätten.

Eine gute Stunde später steht das kleine Zelt, das für Gebet und Nacharbeit Verwendung findet. Zum Abendessen gibt es Hühnchen und Sandwich. Ma. hat auch das exzellent und durchdacht vorbereitet. Toll. Meine Kehle ist wie ausgetrocknet, zum Glück haben wir als Überbleibsel der Zivilisation noch Cola und Sprite mitgebracht. Aber nur für heute.

Zum Glück gibts auch hier in der Pampa Handy-Netz. Aber eben keinen Strom. Im Flugzeugmodus verbraucht das IPad kaum Akku und ich habe meine Mini-Tastatur mit nach Afrika geschleppt. So kann ich diesen Blog schreiben, auch ohne Taschenlampe, der Bildschirm ist hell genug.

Von Agent 007 K. kommt am späten Abend noch eine Nachricht. Der Mercedes ist inzwischen in die 430-er Klasse aufgerückt. Er hat sie sicher nach Hermannsburg gebracht – und auf dem Hof seine Dienste eingestellt. Noch eine weitere Herausforderung für die Missionarin

Heute gehe ich mit den Hühnern ins Bett. Mein neuer LED-Kopfstrahler soll 50 Stunden halten, aber ich bin ja noch mehr als zwei Wochen hier. Wie gut, dass ich ausreichend Zeit eingeplant habe. Das Lebenstempo ist hier lange nicht so hoch, wie in D.. Es dauert aber auch alles eben (viel) länger.

Leichte Nieseltropfen machen sich leise auf meinem Zeltdach bemerkbar. Ich habe ein eigenes Zelt für mich – auch das grenzt fast an Luxus. Aber dafür durfte ich es auch selbst mit aufbauen…

Evangelisation in Afrika, im Rundbrief klingt das immer so einfach – bist man selbst mal dabei war…

2 Antworten auf „„In the middle of nowhere““

  1. Abenteuerlich !!! Wenn wir da nicht wüßten, daß unser Vater im Himmel über uns wacht und mit uns geht und mit anpackt und uns ermutigt und neue Kraft und Zuversicht schenkt, wo wären wir da??? Danke Herr Jesus!!!
    Meine Hochachtung für K. die 007 von Südafrika !!!

  2. Es ist wirklich spannend Frank, wie du uns durch diese Berichte (fast spürbar) mit nach Afrika nimmst. Ich freue mich schon wie es weitergeht und will im Gebet mit euch verbunden sein. Was für ein kostbarer Dienst! Menschen im entfernten Afrika für Jesus zu gewinnen! Ich grüße alle herzlich mit Psalm 27:1 Der Herr ist die Kraft eures Lebens (Dienstes), vor wem solltet ihr euch fürchten!
    Seine Kraft ist wirklich mächtig und in euch allen zu sehen!!!

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