Begegnungen – so ganz „nebenbei“

Wir erleben es in Jerusalem als wohltuend, wie einfach man mit Menschen in Kontakt kommen und mit ihnen reden kann. In diesem Blogbeitrag ein paar Impressionen unserer „rein zufälligen Begegnungen“.

In Israel wachsen die Haare besonders schnell, findet die beste Ehefrau. Sie meint damit ihre eigenen. Für meine befinde ich das auch als zutreffend. Der Frisör unweit des New Gates hatte einen vertrauenserweckenden Eindruck gemacht, als wir vor ein paar Tagen dort nachfragen. „Welcome. This is your shop. I remember you“. Die üblichen arabischen Freundlichkeiten. Bereitwillig wird uns ein Platz zugewiesen. Ein Kunde auf dem Stuhl. Ein „Kahlkopf“ sitzt daneben und „will“ auch. Das kann ja nicht so lange dauern. Fehlanzeige. Dass man so lange einen „Ohnhaarigen“ frisörmäßig bearbeiten kann, war mir bisher auch unbekannt…

Das Warten lohnt sich. Geschickt schneidet er meine Haare, ohne Maschine versteht sich. Neben dem Spiegel hängt eine „Segensurkunde“.  Papst Benedikt hat diesem Laden während seines Holy-Land-Besuches seinen Segen vermacht. Namentlich. Die ganzen katholischen Würdenträger kommen zu ihm zum Haare schneiden, sagt er mit leicht geschwellter Brust. Und die amerikanischen Diplomaten auch. So, so, wir sind also in bester Gesellschaft.

Ob er denn Christ wäre, will ich wissen. So etwas würde sich ja nicht jeder in seinen Laden hängen, schon gar nicht im muslimischen Viertel. „Nein, er würde das Gute vom muslimischen Glauben und vom christlichen Glauben nehmen“. Mal so, mal so, Mama war christlich, Papa (das Frisieren hat er von ihm geerbt) muslimisch. Ich liebe Mama und Papa. Da muss ich es beiden Recht machen.  Sehr pragmatisch.

Abschiedsfoto. Ich werde von deinen Frisierkünsten berichten. Toilette? Kein Problem. Im ersten Stock. Meine Frau hat selten so eine „sehenswerte“ Toilette besucht. Nun, nur gut, dass das nicht der Anlass unseres Besuches war.


Szenenwechsel. Wir sitzen in einem netten Restaurant, um eine Kleinigkeit zu essen. Ein paar Leute sitzen mit uns im Raum. Auf dem Flat-Screen in der Ecke läuft ein TV-Programm mit arabischen Untertiteln. Irgendwie macht das Programm einen christlichen Eindruck auf mich. Wir diskutieren über das Programm, zwischendrin tunken wir die Pommes in die Super-Spicy-Soße. Dann wird umgeschaltet. Diesmal ist es eindeutiger. Ein Lobpreisleiter und diverse Gottesdienstbesucher, die die Hände heben.

In einem arabischen Restaurant in der Jerusalemer Altstadt im muslimischen Viertel…

„Was ist das für ein Programm?“, will ich vom freundlichen Besitzer wissen. „Ist das christlich?“ Aus Ägypten, heißt es. Baptisten würden dahinter stehen. Ob er Baptist wäre? Nein, aber er würde eine freie Gemeinde gleich hier in der Altstadt besuchen. Wir freuen uns. Da waren wir vor zwei Jahren auch! Ob er xyz kennen würde? Ich nenne den Namen eines arabischen Freundes. „Na klar, schöne Grüße“.  Der Fototermin zum Abschluss des Restaurantbesuches ist fast obligatorisch. Wie klein die Welt doch ist. Auch in Jerusalem.


Szenenwechsel. „Fährt dieser Bus in die xyz-Straße?“ Ja, müsste er, soweit es meine kargen Jerusalem-Kenntnisse zulassen, versuche ich die Frage wahrheitsgemäß zu beantworten. „Kommt er pünktlich?  Seid ihr schon mit ihm gefahren?“ Keine Ahnung, von dieser Haltestelle aus jedenfalls nicht, mit der Linie schon. Der freundliche Jude meint, seine Frau hätte vorgeschlagen zu laufen. „Aber, wenn du jetzt losläufst, kommt der Bus gleich. Murphy schlägt doch immer zu…“, meint er lächelnd.

Murphy hat sich geirrt. Der Bus kommt. Wir sitzen einander gegenüber. Schulmanager in Tel Aviv ist er, 800 Schüler. „Wir hatten schon Austausch mit Deutschland. Bist du eigentlich jüdisch?  Warum trägst du eine Kippa?“ Erst jetzt fällt mir auf, dass die Kippa vom Westmauerbesuch noch auf meinem Kopf ist. „Nein, aber wir lieben euer Land, wir lieben euer Volk, deswegen kommen wir hierher.“ Warum liebt ihr unser Volk? Solche Fragen höre ich gerne. „Weil unser bester Freund aus eurem Volk stammt.“ Der Austausch wird noch etwas konkreter, bevor wir uns an der vorletzten Bushaltestelle verabschieden müssen.


Szenenwechsel. Es ist relativ spät abends. Auf dem Yehuda-Markt haben wir noch einige Lebensmittel nach unserer Tour von Ein Gedi eingekauft. Im Bus sitzt uns ein „mitteljunger“ Mann schräg gegenüber. Er begutachtet seinen neuen Computerrucksack, den er scheinbar soeben gekauft hat. Ob er gut ist, will ich wissen. Das Gespräch findet keinen richtigen Ansatz und stockt.

Ob wir aus Deutschland sind, will er zwei Bushaltestellen später unvermittelt von uns wissen. Ja. Ping, pong, der Austausch von ein paar Belanglosigkeiten folgt. Er müsse jetzt aussteigen. Wir auch. Er an der vorderen Tür, wir wählen die hintere. An der Haltestelle dreht er sich zu uns um. „Warum besucht ihr unser Land immer wieder?“ Die Frage und auch eine prägnante Antwort ist uns nicht unbekannt. „Mit 28 Jahren bin ich religiös geworden. Vorher hat mich das alles nicht interessiert,“ erzählt er von sich.

Nein, religiös wären wir nicht, aber wir würden den Messias von Herzen lieben. Den Messias? Ob wir wissen würden, wer der Messias wäre? Inzwischen sind wir einige Meter weiter gegangen, an der Ampel würden sich unsere Wege trennen. Gerne und bereitwillig geben wir unsere Überzeugung preis. Schweigen. Ein höfliches Wort des Abschieds, „ich muss jetzt hier lang“. Unsere Gedanken gehen ihm segnend hinterher, während er in der Jerusalemer Nacht verschwindet.


Szenenwechsel. Busfahrt nach Tel Aviv. „We are going to the beach. In Jerusalem haben wir so etwas nicht.“ Wir wollen auch zum beach! Eine Gruppe junger Leute sitzt während der Busfahrt um uns herum. Der Lockenkopf ist besonders aufgeschlossen. Bayern München? Klar, kennt er. Schweinsteiger spielt da. Zum Glück habe ich auf meinem Ipad ein paar Fotos des einzigen Besuchs meiner Münchener Jahre in der „Arroganz-Arena“ dabei. Wow, ist die aber gigantisch. Ja, das ist sie. Und ein paar Schneebilder. Den Iglu, den unsere Royal Ranger gebaut haben. „Soviel Schnee gibt’s in Germany?“

Ich zeige die letzten Ausgaben meiner Blogthemen. Oooh, in Yardenit wären sie letzte Woche auch gewesen – und den Biber, na klar, den habe er auch gesehen. Was das denn mit der Taufe auf sich hätte. Zum Glück kann mein Ipad auch hier aushelfen.

Nicht zu sehr aber doch gut können wir uns auch über „tiefere Dinge“ des Lebens austauschen. Die Busfahrt nach Tel Aviv hätte noch viel längern dauern können. Ein Foto zum Schluss? Na klar doch. „Nice to meet you“.


Szenenwechsel. Woher wir denn kommen? Wir sitzen mit unserem Kaffee auf einer kleinen Mauer in der Sonne.  Uns fragt ein arabisch aussehender Mann, der vor einem Laden in der Nähe des Jaffa-Gates steht. Gegenfrage: Was hat das Getränk gekostet? 6 Schekel. Das will ich auch kaufen, dann können wir uns weiter unterhalten.

8 Schekel soll ich zahlen, kein Verhandeln möglich… Einheimischenpreis vs. Touristenpreis. So ist das halt. „Soll ich für dich reingehen und es umtauschen?“ Ich kriege es für 6 Schekel. Der vermeintliche Araber will sich einsetzen. Die umgerechnet vierzig Cent sind mir den Stress dann doch nicht wert.

Nein, arabisch ist er nicht, italienischer Herkunft sei er, gibt er uns bereitwillig zu verstehen.

(to be continued)


Wirklich! – Einfach klasse, was sich hier so „ganz nebenbei“ ergibt.

In der ersten Reihe…

Der Platz hinter dem Kleinbusfahrer ist gut. 10 Leute fassen diese kleinen Minibusse. In Tel Aviv operieren diese privaten Busse in Konkurrenz zu den öffentlichen Buslinien – und haben die gleichen Nummern wie sie. Vorteil: Man kann fast überall unkompliziert ein- und aussteigen. In Jerusalem nennt man sie „Sherut“.

Ich ergattere heute wieder den ersten Platz hinter dem Busfahrer. Die Aussicht ist prima, der Verkehr auch hier sehr dicht, nicht ganz so wie in Jerusalem, aber gleich dahinter.

Das Spielchen mit dem Geld kenne ich ja schon. Fahrgeld durch den Bus nach vorne geben, Wechselgeld zurück. Hier in der „ersten Reihe“ ist man besonders gefordert. Man ist quasi der direkte Draht zum Busfahrer. Dieser hält, während er fährt, bedeutsam nach hinten die Hand auf. Das klappt wie am Schnürchen.

Ehrlichkeit ist hier groß geschrieben. Wer würde denn bei uns einfach so einen 50 EUR – Schein durch den Bus nach vorne reichen und dann hoffen, dass bei ungefähr einem EUR Fahrpreis der richtige Wechselbetrag wieder bei ihm ankommt…?

Hier funktioniert das.

Am Strand liegen wir heute auch in der „ersten Reihe“, gleich vor den sich aneinanderreihenden Hotels der „ersten Reihe“. Hilton, Holiday Inn, Isrotel – alle sind brav nebeneinander vertreten.  Obwohl ich normalerweise kein Freund von sardinendosenförmig angeordneten Liegestuhlbatterien bin, „gönnen“ wir uns heute zwei dieser Bauart, mit Schirm versteht sich.

Sechs Euro alles zusammen, das ist richtig günstig. Blau der Liegestuhl, blau der Sonnenschirm, inklusive Werbeaufdruck, kristallklar-blau das Wasser. 14 Tage Urlaub in der „Machart“ wäre aber nichts für uns. Wie gut, dass unser Bus am Abend nach Jerusalem zurückgeht.

Trotzdem: Das Badewasser ist super, die Wellen nicht zu stark, man kann sogar richtig schwimmen. So kann man das Leben richtig genießen. Baden, Lesen, Faulenzen, Blog schreiben… Oh ja, das mache ich liebend gerne. Während wir am Strand liegen, passieren in Eilat Anschläge. Nein, wir bekommen direkt nichts davon mit, das Tagesschau-Telegramm auf dem Ipad informiert uns zeitnah, dank immer und überall in diesem Land gegenwärtiger offener WiFi-Zugänge…

Was die Herausforderungen angeht,  ist Israel auch immer „in der ersten Reihe“….

Leider.