Das Mittelmeer ist wirklich anders als der Starnberger See – oder die Nordsee. Das fängt schon mal bei den Temperaturen an. „Ich nehme es mit zu uns“, meint Petra badelustig. Sonst gehört sie nicht so zu den Badenixen, aber bei diesen Temperaturen ist auch sie nicht zu halten.
Meine Sonnenbrille. Ach, da war doch was. Das Mittelmeer ist eben anders. Die Bademeister hier am Strand von Tel Aviv scheinen in ihrer einstigen Karriere Stadionsprecher bei Bayern München gewesen zu sein. Alle Minute haben sie eine Durchsage und weisen die Badegäste lautstark, tlw. brüllend und pfeifend über Lautsprecher zurecht. Müssen sie wohl auch, denn die Wellen sind echt umwerfend.
Beim zweiten Badegang erwischt es mich auch. Rums – ich liege auf dem Boden. Meine Sonnenbrille? Ja, beim Baden hat man doch eine auf – ich meine, ich habe eine auf. Wo ist sie? Das trübe Wasser lässt keinen eindeutigen Blick auf den Boden zu. So taste ich um mich, suche – und finde. Meine Familie hätte sich sicher gefreut, wenn diese modische Errungenschaft aus längst vergangenen Zeiten es dem maltesischen Schiffbruch des Paulus gleichgetan hätte und im Mittelmeer für immer versunken wäre. Aber nein, sie sollte bei mir bleiben. Ganz im Gegensatz zum Mantel.
Am Strand lese ich Günter Beckstein. „Die 10 Gebote – Auftrag und Verantwortung“. Druckfrisch war mir das Buch beim Offenen Himmel in die Hände gedrückt worden, als Belegexemplar, weil es ein Foto von mir enthält: Der ehem. Bayer. Ministerpräsident in seiner Zeit als Innenminister mit der „kleinsten Kirche der Welt“, den ProChrist-Mobilen auf dem Münchner Odeonsplatz.
Das Buch liest sich gut. Vor allem, die Werte, die er hier in klarer Weise vertritt, gefallen mir. Wie kann ich als Christ in der Spannung zwischen christlicher und politischer Verantwortung leben? Zunächst fängt er bei der geistlichen Bedeutung der Gebote an, mit einem enorm klaren Christusbekenntnis, um dann jeweils sehr schnell politisch zu werden. Beckstein zeigt anhand von Beispielen seiner eigenen politischen Laufbahn auf, wie man diesen Spannungsbogen meistern kann – und ist dabei auch glaubwürdig selbstkritisch. Halb schaffe ich das Buch in Tel Aviv, dann ruft wieder das lauwarme Mittelmeer – und unser Egged – Bus zurück nach Jerusalem.