Mama Elena und ihr jettender Enkel

Sechs intensive Tage in der Walachei

mama_elena84 Jahre ist sie alt. Als wir nach Targoviste kommen, sitzt sie in der Nachmittagssonne, ihre Arme hat sie vor sich gekreuzt. Schon im letzten Jahr hatten wir sie kennengelernt, damals ging es ihr gesundheitlich nicht so gut. „Ein wenig Herzprobleme habe ich, aber sonst geht es mir gut“. Mama Elena, schreibe ich mir später in meinem Handy auf, damit ich ihren Namen nicht vergesse.

„Wie geht es der Gemeinde in Deutschland?“, will sie am nächsten Morgen wissen, als sie uns beim Frühstück begrüßt. „Guten Tag“. Sie versucht sich auf Deutsch. Ihre Schwiegertochter hat ihr etwas Schafskäse hingelegt. Auch ein englisches Wort hat die rüstige alte Frau bereit. Sie ist hellwach und hochinteressiert, trotz ihres Alters – und stellt tiefgehende Fragen. Wie es unseren Kindern geht, will sie wissen. Ich zeige ihr ein paar Bilder auf dem Mobiltelefon. „Eine schöne Tochter habt ihr, ihr müsst sie mit nach Rumänien bringen.“ Sie lacht.

saal_targovisteWie lange sie denn gläubig sei, will ich wissen. „Mehr als 50 Jahre. Mein Mann war sehr mutig und unerschrocken. Gemeinsam sind wir hierher gegangen und haben mit der Gemeinde in unserem Haus begonnen, weil es keine Gemeinde in der Stadt gab.“ Heute versammelt sich die Gemeinde in einem repräsentativen Saal mitten in der Stadt – und es gibt weitere Gemeinden. Ihr Schwiegersohn zeigt mir den Raum, der früher den Gemeindesaal gebildet hat. Hier haben sich die Menschen während der kommunistischen Zeit versammelt, es war immer ziemlich voll.

„Als die Securitate kam und gesagt hat, wir dürfen uns nicht mehr versammeln, hat mein Mann gesagt, er würde zwar die Strafe zahlen, aber an der Versammlung würde er sich nicht hindern lassen. Dann sind sie nicht wiedergekommen“. Ihr Report wird richtig spannend.

Ihr Sohn ist heute erfolgreicher Unternehmer, hat mehrere Hotels. Die Missionare nächtigen in seinem Gästehaus – kostenlos, versteht sich. Und er ist aktiv in der rumänischen Außenmission, die vor zwei Jahren offiziell gegründet worden ist. Seine Frau bekocht uns mit einer Seelenruhe, obwohl sechs Kinder zu ihrem Haus gehören. An fast jedem Sonntag haben sie Gäste. Eigentlich ist sie eine Ingenieurin.

Sein Sohn, also der Enkel von Mama Elena, jettet an jedem Wochenende aus dem deutschen Trier, wo er gerade als Softwareentwickler arbeitet, nach Bukarest. Er will weiter hier in seiner Heimatgemeinde im Lobpreis dienen. Seine Firma bezahlt ihm die Flüge. Auch das ist Segen.

Mama Elenas Tochter ist L., die Frau von R., mit denen wir in diesen Tagen die Einsätze in Rumänien machen. „Ich habe viel geweint, als sie mich verlassen hat“, bekennt die betagte Mama freimütig. Heute dient L. mit großer Hingabe gemeinsam mit R. den Romas, besonders den Kindern, indem sie ihnen Musikunterricht gibt.

„Heute waren nicht so viele in der Versammlung“. Mama Elenas Stimme klingt besorgt. Sie ist mit ihren 84 Jahren natürlich dabei, als wir in der Biserica Efraim in Targoviste dienen. „2800 Gemeinden haben wir im ganzen Land“, erzählt mir ihr Sohn. Toll zu sehen, was sich hier geistlich entwickelt hat.

rUnser Dienst in diesen Tagen ist, Menschen zu ermutigen und die Mitarbeiter zu lehren. Petras Dienst wird in den meisten Gemeinden auf Augenhöhe zu meinem angenommen. Besonders während der Mitarbeiterkonferenz übernimmt sie weite Teile unserer Ausführungen zum Thema „Wiederherstellung“. Und dann spiegeln Menschen uns, wenn wir für sie beten und ihnen prophetisch dienen, was der Zuspruch für ihr Leben bedeutet – ohne dass wir den Hauch einer Ahnung davon haben, was sie bewegt. Die Teenager in Valea Corbului, die fast vollzählig zum Seminar der „Alten“ erschienen sind, tuscheln begeistert und tauschen aus, was sie im Gebet als Zuspruch bekommen haben. Das berührt uns.

Einfache Menschen, besonders bei den Roma oft völlig ungebildet, lieben Jesus und dienen ihm. „Kannst du dich erinnern, dass du über dieses Thema vor 11 Jahren in Brateiu gesprochen hast? Das hat mich sehr berührt.“ Schwach kann ich, aber sie können es oft besser. M. begrüßt uns mit einer herzlichen Umarmung. Auch sie war schon 2009 in Brateiu dabei. „Wir haben auf euch gewartet“, begrüßt man uns im Roma-Dorf. Es ist, als wenn wir in unsere Familie kommen. Nicht alle sind nach deutschem Standard gewaschen, aber das stört uns nicht. Nach vielen Händedrücken waschen wir uns halt…

Kommt ihr nächstes Jahr auch zu uns? Für mehrere Tage. Der Leiter der eher traditionell geprägten Gemeinde in Pitesti, in der unsere A. aus München ihr Zuhause hat, öffnet sein Herz. Wir wollen beten und prüfen, welche Türen Gott uns öffnet.

Gemeinde – das sind Menschen, die sich hingeben für das Reich Gottes, die Jesus lieben und dienen. In München – und in Rumänien. Spuren des Segens sind über Generationen zu verfolgen.

Das haben wir auch diesmal gesehen. Bei Mama Elena – und bei den Romas in Valea Corbului.

P.S. Wir waren wirklich in der „Walachei“… Wer’s nicht glaubt, fragt Google.