‚Die gestrige Gebetsnacht war phantastisch und ich bin nach nur wenig Schlaf schon wieder erstaunlich fit. Das liegt vielleicht daran, dass wir eigentlich eine Art ‚Wellnessnacht‘ mit Jesus hatten und er uns aufgetankt hat, ich bin froh, dass ich dabei sein konnte!‘ So lese ich am Freitagnachmittag begeistert von Andrea A. in meiner eMail-Box. Auch ich bin erstaunlich fit, obwohl ich nur eine Stunde zwischen 8 und 9 Uhr geschlafen habe, bevor ich nach einer kleinen Dusche in die Karfreitagsfeier gehe.
Liebevoll ist bereits alles vorbereitet, als ich gegen 18:30 Uhr im Gemeindezentrum eintreffe. Doro und Ems haben frische Blumen gebracht und die mit einem Weidenkranz dekoriert. Der Saal ist in zwei Segmente einteilt. Auf der einen Seite lange gedeckte Tafeln für das gemeinsame Abendessen, auf der anderen Seite ein mehrfacher Stuhlkreis mit Rosen, Kerzen und Kissen in der Mitte.
Und dann heißt es erst einmal Stühle rücken und Tische hinzustellen, denn die Zahl der Teilnehmer übersteigt die der angemeldeten weitaus. Aus unserer bulgarischen Gruppe kommen etliche Teilnehmer dazu, so dass wir spontan eine Übersetzung organisieren müssen. Und der Lobpreis wird international umgestellt.
Christine S. führt uns in die Bedeutung der verschiedenen Elemente des Passahmahls ein, Jatschi P. erweist sich als souveräner Leiter der Passahnacht. Das sich anschließende Abendessen ist reich ausgestattet – und reicht gut, trotz der erhöhten Teilnehmerzahl. Lobpreis, Abendmahl, Gebetszeiten und einige Impulse (Andachten) ergänzen das nächtliche Programm.
Frau XYZ ist heute zum ersten Mal da, jemand aus der bulg. Gruppe hat sie mitgebracht. Sie fühlt sich zunächst sehr unsicher und so mache ich sie mit meiner Frau Petra bekannt. Sie essen gemeinsam und ich beobachte, wie beide sich während des Essens intensivst unterhalten. Nach dem Essen gehen sie an die Seite. ‚Sie hat gleich ihr Leben Jesus übergeben, sie war richtig vorbereitet.‘ Petra berichtet mir voll begeistert.
Unser persischer Bruder Reza schleppt eine Waschschüssel aus Porzellan, die er in einem persischen Laden geschenkt bekommen hat, an, dazu einen großen Stapel Handtücher. Er hätte auf dem Herzen, wir sollten Fußwaschung ‚um drei Uhr nachts‘ praktisch machen. Jatschi hat ihm gesagt, er solle um 22:00 Uhr kommen. Aber die Planung ist wohl himmlisch, mittlerweile ist es gegen 2:00 Uhr. Johanna D. leitet uns mit sichtbarer Begeisterung an, wie man denn in ihrer Heimat Fußwaschung praktiziert hätte. „So musst du dir das Handtuch umbinden“, zeigt sie mir. Der Balsam in Schaumform spritzt mir so richtig aus dem Druckbehälter heraus, so dass ich aufwischen muss. Diesen Kummer hatte Jesus wohl nicht.
Das Wasser und der Balsam tuen meinen Füßen spürbar gut. Ich kann nachvollziehen, wieso Petrus ganz gebadet werden wollte. Ein heiliger Moment und doch mit viel gelöster Fröhlichkeit und herzlicher Geschwisterlichkeit. Ein bulgarischer Bruder schüttelt eine kleine zeugnishafte Predigt über die Bedeutung aus dem Ärmel, was er mit der Fußwaschung verbindet. Er ist sichtlich berührt. Jantha übersetzt in die eine und die andere Richtung. Christl B. betont in ihrer Andacht, dass es nicht um die äußere Handlung geht, sondern um deren Bedeutung. Aber auch die äußere Handlung fehlt in dieser Nacht nicht.
Gegen Morgen dünnt sich zwar die Zahl der Teilnehmer etwas aus, als aber um 4:00 Uhr Christine F. dazukommt, um die Teilnehmer mit ihrer morgendlichen Frische so richtig aufzumischen, wie sie meint, ist sie erstaunt, dass der Lobpreis noch so begeistert und die Gebete so engagiert sind. Es ist wirklich eine Wellnessnacht mit Jesus…
Der Bäcker in der Nachbarschaft hat schon um 6:30 Uhr auf. Und so gibt es frische Semmeln zum Frühstück. Vorher ist schwuppdiwupp der Saal noch umgebaut für die nachfolgende Abendmahlsfeier am Karfreitag: Der Abendmahlstisch steht im Zentrum der kreisförmig gestellten Stühle.
Oliver spricht zur Abendmahlsfeier über das Weizenkorn, das sterben muss. Dazu gibt er Körner herum. Ich knabbere auf einigen herum. Ganz schön hart, die Hülse, finde ich. Aber das „in die Erde gelegt werden“ weicht auch diese Hülse auf. Und Frucht entsteht. Lass dich als Weizenkorn säen, klingen Olivers Worte bei mir nach… OK, Herr!
Diese Nacht war wirklich irgendwie der Hammer. Wiederholung durchaus nicht ausgeschlossen.