Wenn Sarah der Hagar die Füße wäscht …

… und sie mit ihren Haaren trocknet, dann kann das schon zu Tränen rühren.

Global Gathering, Jerusalem im November 2016 – das ist eine fünftägige Konferenz der besonderen Art. Die Chinesen bilden mit an die 2000 Personen die eindeutige Majorität der etwa 4000 Teilnehmer aus über 60 Nationen. Und sie prägen die Atmosphäre. Als am Mittwochabend die Tontechnik für eine geraume Zeit komplett ausfällt, sind sie es, die durch ihren spontanen Gesang und ihre Gebete den Konferenzgottesdienst in eine geistliche Intensität hineinführen, auch ohne Technik, ganz wie in China. Und wenn sie gemeinsam mit lauter Stimme und ohne Vorgaben für Israel beten, ist es, als würde die Halle beben.

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Diese Konferenz ist eben nicht gewöhnlich. Sprecherliste? Zeit- und Ablaufplan? Fast komplett Fehlanzeige! Fast alles geschieht aus dem Augenblick heraus. „Wir möchten nicht verpassen, in welche Richtung der Heilige Geist uns führt“, sagt David Demian (Kanada), der Initiator und Leiter dieser Gatherings (das vorletzte fand im Oktober 2015 in der Münchner Olympiahalle statt). Im Hintergrund agiert ein mehrhundertköpfiger internationaler Beirat, mit denen sich Demian vor jeder Veranstaltung austauscht, um Klarheit über die Richtung zu bekommen. Zu diesem Beirat waren auch meine Frau und ich eingeladen.

Starke Gabe in seiner Persönlichkeit

Demian hat eine starke Gabe, die Versammlungen in dieser Art zu leiten – und ist bereit dabei auch Fehler zu machen. Mit einer Seelenruhe liegt er flach auf der Bühne und wartet auf innere Führung oder er spaziert während der jeweils fast vierstündigen Versammlungen durch den Saal, während auf der Bühne vielsprachiger Lobpreis, unterstützt durch eine ausdrucksstarke etwa 20-köpfige Tanzgruppe, läuft. Vor der Bühne ist ein großer Platz freigelassen, wo Hunderte ausgelassen hüpfen oder tanzen.

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Auf der Leinwand erscheinen die Liedtexte in bis zu sechs (!) Sprachen gleichzeitig. Die Einheit der Christen aus verschiedenen Nationen findet besondere Beachtung. Und hier wiederum ist die Beziehung zwischen messianischen Juden und den arabischen Christen „im Land“ ein wichtiges Thema. Unter großer Bewegung wäscht eine messianische Jüdin, die sinnbildlich Sarah genannt wird, einer arabischen Christin, die Hagar genannt wird, die Füße und trocknet diese dann mit ihren Haaren. „Ich bitte dich um Vergebung für alles, was wir dir angetan haben. Ich will dir in Liebe dienen“. Manche müssen sich die Tränen wegdrücken – ich auch.

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David Demian gelingt es immer wieder, durch zeichenhafte Handlungen die Konferenz auf essentielle Themen zu fokussieren. Immer wieder führt das in starke Gebetszeiten, die sich meistens auf nationale oder globale Anliegen beziehen, wie zum Beispiel die Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea. Hier werden besonders die Deutschen zum Gebet eingeladen.

Starke deutsche Delegation

Die deutsche Delegation umfasst etwa 250 Personen, die unabhängig voneinander nach Israel gekommen sind. Ich treffe viele mir bekannte Gesichter, aber auch neue, wobei das Spektrum von Landeskirchlern, Katholiken über die Freikirchen bis hin zur charismatischen Bewegung reicht. Über die Konferenzarmbänder kann man sich selbst in der Altstadt von Jerusalem identifizieren – und mit viel Liebe begegnen. Das ist ein weiterer starker Aspekt der Konferenz: eine herzliche Liebe über Nationalgrenzen hinweg.

Eingeborene, jesusgläubige Stammesführer in Tracht aus Samoa (Südpazifik) leisten durch ihre Art der Anbetung und des Feierns einen besonderen, teilweise gewöhnungsbedürftigen Beitrag zur Konferenz. Unter anderem breiten sie Muschelketten, Teppiche und andere Gaben aus, die sie als „Geschenke für Jerusalem“ mitgebracht haben.

Den Gläubigen aus den Nationen vertrauen

Und dann noch ein bewegender Moment: Der messianisch-jüdische Pastor Asher Intrater (reviveisrael.org) wird gebeten, auf der Bühne eine Krone sinnbildlich für Jesus, den Messias, mit den Händen hochzuhalten. Spontan heben die samoanischen Stammesführer ihn auf ihre Schultern. „Ihr als Juden habt uns getragen, jetzt tragen wir euch messianische Gläubige.“ Später kommen Christen aus anderen Nationen, besonders aber Araber und Deutsche, um die Arme des jüdischen Pastors zu stützen, damit diese nicht sinken. Ohne jegliche Hektik zieht sich dieser Teil etwa 45 Minuten hin, im Saal entwickelt sich eine Atmosphäre von Jubel und Feiern, viele knien lange Zeit auf dem Boden, beten, weinen, rufen zu Gott. Asher Intrater berichtet später, wie es für ihn und die messianischen Juden wichtig ist, den Gläubigen aus den Nationen  vertrauen zu können.

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China kommt zurück nach Jerusalem

Diese Botschaft, dieses Anliegen der chinesischen Christen, haben wir verstanden – schon vor der Konferenz. Hier wird es besonders deutlich sichtbar, unterstützt von einer großen Gruppe von Koreanern. Überall treffen wir die Chinesen, reden mit ihnen, beten mit ihnen gemeinsam, auch noch nach der Konferenz in den Straßen von Jerusalem und Tel Aviv. „Uns liegt Israel besonders auf dem Herzen“, bekennen sie. Und ihr Gebet, ihre Hingabe spricht diese Sprache überaus deutlich.

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„Judenmission“, der Tempelberg und die UNESCO

Auch diese aktuellen Themen haben auf der Konferenz ihren Platz, nicht politisch, wie Demian betont, aber geistlich. Eindeutig ist das Bekenntnis, dass die Botschaft des Evangeliums von Jeschua Hamaschiach (Jesus Christus) zuerst den Juden gegeben wurde und sich daran nichts geändert hat. Und im Gebet wird die Rolle des Tempelbergs als Ort der Verherrlichung für den wiederkehrenden König Jesus mit eindeutiger und klarer Beziehung zur jüdischen Geschichte betont, anders als die UNESCO es wenige Tage vorher ausgedrückt hatte.

Mein Fazit

Für eine Konferenz mit einer langen Rednerliste, wäre ich vermutlich nicht nach Jerusalem geflogen. Aber diese Art, auf Gott zu hören und zu warten, die teilweise gewöhnungsbedürftig ist, aber Jesus so unzweideutig in den Mittelpunkt stellt, gefällt mir und spricht mich an – und macht mir Mut auch für Deutschland.

Und wir lieben es, immer wieder dort zu sein, wo unser Herr und bester Freund gelebt hat!

Die komplette Konferenz ist auf youtube oder watchmen.org frei verfügbar.

Wenn jeder Dritte ein Chinese ist

Wenn etwa jeder Dritte, den du siehst, ein Chinese ist oder asiatisch aussieht, bist du entweder in Asien, oder Ende Oktober 2015 in München – beim „Global Gathering“ in der Olympiahalle. Da es gut in meinen Zeitplan hineinpasst, folge ich der Einladung des ägyptisch-kanadischen Arztes David Demian, bei dieser „Nicht-Konferenz“, wie er im Juli beim Pastorentreff ausdrücklich erklärt, in unserer Stadt teilzunehmen.

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Ich treffe viele bekannte Gesichter, meine Pastorenkollegen sind sehr gut vertreten. „Wir wissen, wann wir anfangen“, bekennt David Demian schon im Vorfeld, „aber wir wissen nicht, wann wir aufhören – und wo wir landen.“  So bin ich richtig gespannt, wie er und sein Team das umsetzen werden.

Ungeplant, doch nicht chaotisch…
Was ich hier erlebe, haut mich buchstäblich um. Die Leitung der Versammlungen geschieht wirklich so, wie im Vorfeld angekündigt. Obwohl in etwa 5000 Besucher in der Olympiahalle sind, ist sehr wenig geplant. Lobpreis wird ganz groß geschrieben, Predigten gibt es eigentlich nicht. Man nimmt sich Zeit zur Anbetung und zum Warten auf Gott, meistens nicht unter zwei Stunden. Ja, natürlich hat das Team einige Lieder vorbereitet, aber dann wird großer Freiraum gegeben, so dass sich der Lobpreis zu einem Fluss entwickeln kann, der sich erst während des Fließens formt. Die Lobpreisleiter wechseln „on the fly“, mal die Araber, mal die Deutschen, mal die Chinesen. Liedtexte entstehen während des Lobpreises, das Beamerteam schreibt eifrig mit – in bis zu fünf Sprachen gleichzeitig, Chinesisch und Arabisch inklusive. Und laut ist es – ich schenke voll Mitleid meiner Nachbarin meine Oropax, für die sie sehr dankbar ist …

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Fahnenschwenker verteilen sich über die ehrwürdige Olympia-Arena, das Sicherheitspersonal der Münchner Feuerwehr und der Sicherheitsfirmen schaut verdattert, während Hunderte extrovertiert vor der Bühne tanzen und die Polonaise sich durch die ganze Arena zieht. „Nein, es dürfen aus Sicherheitsgründen nicht mehr Leute in den Innenraum der Arena“, bremst Martin Egli vom Wächterruf, der von deutscher Seite mitleitet. Besonders inspiriert mich das Tanzteam. Bei jedem Auftritt in anderer Kleidung und mit Accessoires in der kreativsten Form, gibt es jeder Session eine besondere, manchmal richtig ehrfurchtserweckende Note, besonders als mit Tüchern symbolisch der Thron Gottes nachgezeichnet wird.

Jubel, Proklamation, Gebet – es reißt auch mich immer wieder förmlich vom Sitz, Tanzen ist oben im Rang etwas schwierig. Am prophetischen Tisch kann man seine Eindrücke aufschreiben. Ich finde es total spannend in diesen Tagen dabei zu sein, weil man kaum weiß, was als nächstes kommt.

Messianische Juden und Araber
Etwa 150 arabischsprechende Teilnehmer sind dabei. Und eine israelische Delegation messianischer Juden. Sie werden zum gemeinsamen Gebet der Annahme und der Segnung eingeladen. „Wir lieben euch als arabischsprechende Geschwister durch die Liebe, mit der Jesus uns geliebt hat. Und wir wollen das zuerst und besonders tun.“ Es ist ein starker Moment, als sich Juden und Araber in den Armen liegen. Sie wollen gemeinsam für Frieden und Versöhnung eintreten und so ein Zeichen setzen. Souverän und mit viel geistlichem Feingefühl und Autorität leitet David Demian die Anwesenden in ein Segensgebet für die beiden Gruppen. So wie er die messianischen Juden während der ganzen Konferenz immer wieder zentral einbindet. Das Abendmahl teilen Juden und Araber gemeinsam aus – es gibt als Brot bayerische Brez’n. Die Halle lacht. „Typisch deutsches Brot, eben“, sind die Ausländer ganz unverkrampft.

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Besonders seitens der messianischen Juden wird ein Segensgebet für die Deutschen formuliert. „Ihr habt von Gottes Berufung her eine Leitungsrolle unter den Nationen – und ihr müsst euch wegen eurer Vergangenheit dafür nicht schämen.“ Zuspruch geschieht zur deutschen Delegation. Applaus brandet durch das weite Rund der Olympiahalle. Ja, man will sich wirklich der Berufung stellen.

Viel mehr Chinesen wollten kommen
Doch zurück zu den Chinesen. Wie viele genau da sind, weiß ich nicht, es heißt 1500. Aber ich weiß, dass ich mit vielen persönlich gesprochen und sie „gedrückt“ habe. Herzliche Umarmung ist hier sowieso wie selbstverständlich, Küsschen rechts und links. Wir heißen die Chinesen in München herzlich willkommen, sie drücken ihre Liebe und ihre Last für Deutschland aus. „Wir beten intensiv für euch“, heißt es immer wieder. „Wir sind euch so dankbar, dass ihr als Europäer vor 150 Jahren Missionare nach China geschickt habt.“ „Mission reverse“, ich ahne, was an Potential darin liegt! Welch eine enorme Kraft hat das Gebet dieser Geschwister. Das müssen wir uns als Deutsche zu Nutzen machen, es darf nicht brach liegenbleiben. Viel mehr Chinesen wollten nach München kommen, sind aber am Visum gescheitert.

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Dann kommen mehrere Hundert von ihnen auf die Bühne, knien nieder, beten für Deutschland,  schreien zu Gott für geistliches Leben in unserem Land. Das geht tief. Die Halle geht mit. Eine 17-Jährige Chinesin kommt und gibt ihre Vision weiter, sieht eine starke Verbindung zwischen Deutschland und China. „China unterstützt Deutschland geistlich, dass ihr in eurer Berufung leben könnt.“ Später habe ich Gelegenheit, mit Papa L. persönlich zu sprechen. Er ist einer der Leiter der größten Hauskirchenbewegung in China. Auch er bestätigt das Gesagte, aber die Sprachbarriere macht die Kommunikation nicht so einfach. Einen Tag nach der Konferenz gibt mir die Übersetzerin, die in der Halle spontan hilfreich einsprang, per eMail eine Einladung weiter, ob ich bereit wäre in China zu dienen, Papa L. würde mich einladen …

Die Brücke nach China ist für mich in diesen Tagen besonders deutlich sichtbar. Wir stehen in der Halle in kleinen Kreisen und beten füreinander, Deutsche und Chinesen. Dabei steht im Vordergrund, sich gegenseitig zu unterstützen. „Wir brauchen einander“. Segnend, fürbittend treten die Nationen füreinander ein, während vor der Bühne etliche sich unter einer großen chinesischen Flagge sammeln. Dann wird erwähnt, dass Kanzlerin Merkel gerade heute in China wäre, was zu einer Extra-Segensgebetsrunde für sie und ihre Arbeit leitet.

Auch diese Grenze muss fallen
Am letzten Tag wendet sich die Versammlung den Koreanern zu. Dankbar wird ihrerseits erwähnt, dass Deutschland als Nation den Koreanern damals in einer wirtschaftlich schwierigen Situation großzügige Finanzhilfen gab. „Ihr Deutschen habt uns nicht verwaist gelassen, als wir es nötig hatten.“ Aber geistlich wäre man, trotz großer Gemeinden, manchmal „vaterlos und verwaist“. „Ihr als Deutsche habt die Erfahrung des Mauerfalls gemacht, betet auch für unsere Nation, dass Nord- und Südkorea wiedervereint werden – und dass echte Vaterschaft gelebt wird.“ Auf der Bühne treten Trompeter auf, die Schofarbläser im Saal stimmen mit ein und die Fürbitte für Korea und dessen Wiedervereinigung entwickelt sich zu einem fast ohrenbetäubenden Gebet – ohne dass „gepuscht“ wird.  „Beten haben Tausende von Deutschen bei euch gelernt“, betont Ortwin Schweitzer vom Wächterruf. „Dafür sind wir euch Koreanern überaus dankbar – und für die Beter, die ihr zu uns geschickt habt.

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Ein weiterer Fokus ist das ehrende Miteinander der Generationen. Am Dienstagmorgen kommt die junge Generation auf die Bühne. Man geht aufeinander zu, betont die Notwendigkeit des Miteinanders, sowohl von den „Alten“ als auch den „Jungen“ – und gibt der jungen Generation Raum. Unabhängig von Alter, Status, Nationalität und Geschlecht geschieht hier ein Miteinander, das beispielhaft ist.

Am Mittwoch muss ich etwas früher gehen, da wir noch Termine haben. Schade, dass ich die Aussendung und die Schlussworte nicht mehr mitbekomme. Es war wirklich eine „sehr außergewöhnliche Nicht-Konferenz“. Für mich persönlich – und überhaupt.

Hinweis: Gott24.TV überträgt die Aufnahmen von Global Gathering am Samstag (7.11.) ab 14:00 und jede Nacht ab 23:30 diverse Wiederholungen davon.