„… und die Welt geht unter“

Eine ungewöhnliche Einladung liegt am Freitag dieser Woche in meinem eMail-Postfach. Ich bin für den 21.12. zu einem Essen in der Nachbarschaft unserer Kirche eingeladen, um gemeinsam ‚den Weltuntergang‘ zu erleben, einen Film anzuschauen und ein wenig zu diskutieren. Man ist daran interessiert, was ich als Pastor dazu denke…

Schriftzeichen der Maya, Quelle: http://www.sxc.hu/

Helle Aufregung über den 21.12.12. – Das große Bangen tituliert der Münchner Merkur an diesem Wochenende und stimmt seine Leser mit verschiedenen Berichten darauf ein, wie sich Menschen in unterschiedlichen Ländern auf den von ihnen erwarteten Welteruntergang vorbereiten.

Im Internet unter 21dezember2012.org kann man dazu lesen: Der Maya Kalender ist die bekannteste aller Prophezeiungen. Er beschreibt exakt auf den Tag genau unser gegenwärtiges viertes Zeitalter, das vom 11. August 3114 vor Christus bis zum 21. Dezember 2012 geht. Dieser Tag ist nach dem Langzeitkalender der Maya das Ende dieser menschlichen Zivilisation. Die Menschen werden in eine gänzlich neue Zivilisation eintreten, die von der gegenwärtigen völlig unabhängig ist. Es existiert eine Inschrift der Maya aus dem 7. Jahrhundert, die 2012 das Herabsteigen des Gottes Bolon Yokte (Gott der Totenwelt) vorhersagt.

So, so – exakt genau. Und warum soll man denn gerade daran glauben? Natürlich spricht auch die Bibel darüber, dass ‚Himmel und Erde vergehen werden‘, aber sie spricht nicht vom 21. Dezember. Wir können und müssen immer in dem Bewusstsein der zeitlichen Vergänglichkeit leben, immer „auf dem Sprung“ sein. Aber es ist wichtig, dass wir dazu Gott und die Bibel zurate ziehen und nicht nur auf menschliche Aspekte blicken. Menschen, die sehr auf das Diesseits fokussiert sind, fällt das schwer. Sie lassen sich von „Maya-Kalendern“ und ähnlichen Weltuntergangsvoraussagen verunsichern, denn sie blicken auf das Sichtbare, das gefährdet ist. Wer es gelernt hat, auf das Unsichtbare zu schauen (2. Kor. 4, 18) hat eine komplett andere Lebensperspektive.

Aber wer das nicht tut, kann Angst bekommen. Wer keine feste Lebensgrundlage hat, der wird von sogenannten Prophezeiungen und Meinungen irritiert und in Unruhe versetzt, so auch von dem Geschwätz über den 21.12. Wer in Jesus Christus gegründet ist und an ihn glaubt, der muss sich keine Sorgen um Weltuntergangsdaten und sonstige Spekulationen machen. Die Geschichte dieser Welt liegt eindeutig in Gottes Hand.

Ich habe die Einladung zur ‚Weltuntergangsfeier‘ (trotzdem) angenommen…

Wird der dritte Tempel gebaut?

Wir besuchen den Western-Wall-Tunnel. Nein, man kommt da ohne Voranmeldung nicht hinein. Am Telefon muss man seine Kreditkartennummer angeben, sonst geht nichts. Den Termin bekommen wir für vier Tage später. Wollt ihr um 23 Uhr kommen? Nein, das ist uns dann doch zu spät, aber kurz nach acht ist gut. Später lernen wir, dass unsere relativ späte Uhrzeit gut ist. Tagsüber verlässt man den Tunnel nach einem Durchgang auf der anderen Seite, abends „muss“ man den Weg durch den Tunnel zurücklaufen – und kann alles in Ruhe noch einmal anschauen.

Der Besuch im WW-Tunnel lohnt sich besonders. Man versteht mehr über die Ausmaße des Tempelbergs, die geschichtliche Entwicklung der Stadt Jerusalem und welche Bedeutung dabei der Tempelberg spielt oder gespielt hat. Er geht entlang an der ganzen „Western Wall“, die unterirdisch noch vorhanden ist, mehr als einen halben Kilometer.

Der Tourguide erklärt anschaulich an Modellen, dass der erste (Salomo) und zweite (Nehemia) Tempel, später der herodianische Tempel genannt, auf dem Berg Morija standen, wo Abraham seinen Sohn vermeintlich opfern sollte und dann nicht brauchte. Heute steht dort der Felsendom. Das Allerheiligste der beiden Tempel war genau dort, wo Abraham opferte. Es ist der für die Juden der „heiligste“ aller möglichen Plätze auf Erden. Das Problem ist:  genau dort steht heute der Felsendom. Genau dort? Ich frage ausdrücklich nach, da es auch andere Behauptungen gibt. „Ja, genau dort.“  Herodes war es, der den Tempelberg in seinen heutigen Ausmaßen angelegt hat, inklusive der Burg Antonia.

Dann geht es durch den langen Tunnel entlang fast der ganzen Westmauer. Im Gegensatz zum Jahr 2000, wo wir hier schon einmal waren, ist jetzt der Tunnel zum Gebet geöffnet. Die religiösen Juden können hier vom Platz vor der Westmauer ein und ausgehen, um unterirdisch an der freigelegten Mauer zu beten.

Auf den Tempelberg zu gehen ist den Juden selbst durch rabbinische Anweisung verboten, sie könnten ja den Platz des Allerheiligsten betreten. Das darf nicht sein, denn dorthin durfte nur der Hohepriester einmal im Jahr gehen. Am Besucheraufgang zum Tempelberg, den wir am Tag zuvor benutzt hatten, wird mit einem großen Schild ausdrücklich darauf hingewiesen.

Es gibt aber auch andere Bestrebungen. Aber dazu später mehr.

Also unternimmt man enorme Anstrengungen, um den religiösen Juden das Gebet möglichst nah am Allerheiligsten möglich zu machen. Und das ist eben im Tunnel. Hier ist ein immenser Betrieb von ein- und ausgehenden jüdischen Gläubigen, vornehmlich Frauen.

Der Tourguide macht auf die riesigen Ausmaße der Steine des herodianischen Tempels aufmerksam und auf die Techniken, wie man diese bewegt hat. „Es gab zur damaligen Zeit kein vergleichbares Gebäude auf der Erde“.

Umso verständlicher werden die Bibelworte, in denen den Jesusworten zum „Abriss“ des Tempels kopfschüttelndes Unverständnis bescheinigt wurde. Ja, man hatte die eigentliche Aussage von Jesus nicht verstanden  wie so oft im Leben.

Ich packe die Gelegenheit beim Schopf und will wissen, ob es – wie wir gehört haben – konkrete Pläne und Vorbereitungen für den Bau eines dritten Tempels gibt. Die Frage, so weiß ich, hat höchste Brisanz. Unser Guide will keine Antwort geben, er weicht aus: „Diese Tour beschäftigt sich allein mit den historischen Aspekten.“ Ich lasse nicht locker und frage persönlich nach: „Geh ins Tempel-Institut oberhalb der Westmauer und frage dort nach. Die befassen sich mit den religiösen Fragen. “ Spricht es und wendet sich den anderen Teilnehmern der Führung zu.


Zwei Tage später sind wir dort: Um 15 Uhr gibt es eine englische Führung. Die 25 Schekel pro Nase sind bestens investiert. Ausführlich wird die Ausstattung des Tempels, die Gewänder der Priester und der zeremonielle Ablauf erklärt. Obwohl das Institut nur drei kleinere Räume hat, lohnt sich der Besuch sehr, eine (englischsprachige) Führung sollte man aber nicht auslassen, wenn einen das Thema interessiert.

Die Dame, die die Tour leitet, ist sehr kompetent und weiß auch auf Detailnachfragen eine Antwort. Ja, die Tempelfrage. Die muss auch hier gestellt werden. Die Antwort ist ebenso ausweichend. Sie sagt es zwar nicht, aber wir verstehen: „Ich will (oder darf?) keine Antwort geben.“

Wir untersuchen die Aufgaben des Tempel-Instituts (temple.org.il) und die ausliegende Literatur. Das Institut arbeitet an der möglichst originalen Rekonstruktion von Gegenständen und beschreibt seine Aufgaben selbst so:

“The Temple Institute is dedicated to all aspects of the Divine commandment for Israel to build a house for G-d’s presence, the Holy Temple, on Mount Moriah in Jerusalem. The range of the Institute’s involvement with this concept includes education, research, activism, and actual preparation.”

Was wir in der Ausstellung sehen, reicht keineswegs für den “Betrieb” eines neuen Tempels. Leuchter, Räucheraltar und Schubrottisch sind fertig. Was an anderen Orten vorbereitet oder gelagert sein mag, ist für uns nicht herauszufinden. Dazu bekommen wir auch keine Auskunft.

In einer Pressemittelung des Tempel-Instituts über den soeben vergangenen Tisha B’Av lesen wir Interessantes. Dieser Tag wird regelmäßig von den „Tempel-Aktivisten“ genutzt, um – entgegen rabbinischer Anweisung – den Tempelberg zu besuchen. Es geht nämlich, wenn man sich entsprechend vorbereitet und auch ein paar Dinge beachtet, auch für den religiösen Juden, sagt Rabbi Chaim Richman vom Tempel-Institut.

Im Jahr 2011, also vor etwa einer Woche, so die Pressemeldung, sind etwa 500 bei diesem „Ausflug“ dabei. Die unvermeidlichen Konflikte mit der muslimischen Tempelbergverwaltung führen auch in diesem Jahr zu leichten bis mittelschweren Handgreiflichkeiten, so liest man. Die israelische Polizei sei untätig gewesen, meinen die Aktivisten.

Die Tempel-Aktivisten sind auf ihrer Homepage davon überzeugt, dass sich alles sehr schnell ändern kann und der Wiederaufbau des Tempels möglich ist. Die Frage bleibt spannend….