Wenn Sarah der Hagar die Füße wäscht …

… und sie mit ihren Haaren trocknet, dann kann das schon zu Tränen rühren.

Global Gathering, Jerusalem im November 2016 – das ist eine fünftägige Konferenz der besonderen Art. Die Chinesen bilden mit an die 2000 Personen die eindeutige Majorität der etwa 4000 Teilnehmer aus über 60 Nationen. Und sie prägen die Atmosphäre. Als am Mittwochabend die Tontechnik für eine geraume Zeit komplett ausfällt, sind sie es, die durch ihren spontanen Gesang und ihre Gebete den Konferenzgottesdienst in eine geistliche Intensität hineinführen, auch ohne Technik, ganz wie in China. Und wenn sie gemeinsam mit lauter Stimme und ohne Vorgaben für Israel beten, ist es, als würde die Halle beben.

gg03

Diese Konferenz ist eben nicht gewöhnlich. Sprecherliste? Zeit- und Ablaufplan? Fast komplett Fehlanzeige! Fast alles geschieht aus dem Augenblick heraus. „Wir möchten nicht verpassen, in welche Richtung der Heilige Geist uns führt“, sagt David Demian (Kanada), der Initiator und Leiter dieser Gatherings (das vorletzte fand im Oktober 2015 in der Münchner Olympiahalle statt). Im Hintergrund agiert ein mehrhundertköpfiger internationaler Beirat, mit denen sich Demian vor jeder Veranstaltung austauscht, um Klarheit über die Richtung zu bekommen. Zu diesem Beirat waren auch meine Frau und ich eingeladen.

Starke Gabe in seiner Persönlichkeit

Demian hat eine starke Gabe, die Versammlungen in dieser Art zu leiten – und ist bereit dabei auch Fehler zu machen. Mit einer Seelenruhe liegt er flach auf der Bühne und wartet auf innere Führung oder er spaziert während der jeweils fast vierstündigen Versammlungen durch den Saal, während auf der Bühne vielsprachiger Lobpreis, unterstützt durch eine ausdrucksstarke etwa 20-köpfige Tanzgruppe, läuft. Vor der Bühne ist ein großer Platz freigelassen, wo Hunderte ausgelassen hüpfen oder tanzen.

gg04

Auf der Leinwand erscheinen die Liedtexte in bis zu sechs (!) Sprachen gleichzeitig. Die Einheit der Christen aus verschiedenen Nationen findet besondere Beachtung. Und hier wiederum ist die Beziehung zwischen messianischen Juden und den arabischen Christen „im Land“ ein wichtiges Thema. Unter großer Bewegung wäscht eine messianische Jüdin, die sinnbildlich Sarah genannt wird, einer arabischen Christin, die Hagar genannt wird, die Füße und trocknet diese dann mit ihren Haaren. „Ich bitte dich um Vergebung für alles, was wir dir angetan haben. Ich will dir in Liebe dienen“. Manche müssen sich die Tränen wegdrücken – ich auch.

gg05

David Demian gelingt es immer wieder, durch zeichenhafte Handlungen die Konferenz auf essentielle Themen zu fokussieren. Immer wieder führt das in starke Gebetszeiten, die sich meistens auf nationale oder globale Anliegen beziehen, wie zum Beispiel die Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea. Hier werden besonders die Deutschen zum Gebet eingeladen.

Starke deutsche Delegation

Die deutsche Delegation umfasst etwa 250 Personen, die unabhängig voneinander nach Israel gekommen sind. Ich treffe viele mir bekannte Gesichter, aber auch neue, wobei das Spektrum von Landeskirchlern, Katholiken über die Freikirchen bis hin zur charismatischen Bewegung reicht. Über die Konferenzarmbänder kann man sich selbst in der Altstadt von Jerusalem identifizieren – und mit viel Liebe begegnen. Das ist ein weiterer starker Aspekt der Konferenz: eine herzliche Liebe über Nationalgrenzen hinweg.

Eingeborene, jesusgläubige Stammesführer in Tracht aus Samoa (Südpazifik) leisten durch ihre Art der Anbetung und des Feierns einen besonderen, teilweise gewöhnungsbedürftigen Beitrag zur Konferenz. Unter anderem breiten sie Muschelketten, Teppiche und andere Gaben aus, die sie als „Geschenke für Jerusalem“ mitgebracht haben.

Den Gläubigen aus den Nationen vertrauen

Und dann noch ein bewegender Moment: Der messianisch-jüdische Pastor Asher Intrater (reviveisrael.org) wird gebeten, auf der Bühne eine Krone sinnbildlich für Jesus, den Messias, mit den Händen hochzuhalten. Spontan heben die samoanischen Stammesführer ihn auf ihre Schultern. „Ihr als Juden habt uns getragen, jetzt tragen wir euch messianische Gläubige.“ Später kommen Christen aus anderen Nationen, besonders aber Araber und Deutsche, um die Arme des jüdischen Pastors zu stützen, damit diese nicht sinken. Ohne jegliche Hektik zieht sich dieser Teil etwa 45 Minuten hin, im Saal entwickelt sich eine Atmosphäre von Jubel und Feiern, viele knien lange Zeit auf dem Boden, beten, weinen, rufen zu Gott. Asher Intrater berichtet später, wie es für ihn und die messianischen Juden wichtig ist, den Gläubigen aus den Nationen  vertrauen zu können.

gg02

China kommt zurück nach Jerusalem

Diese Botschaft, dieses Anliegen der chinesischen Christen, haben wir verstanden – schon vor der Konferenz. Hier wird es besonders deutlich sichtbar, unterstützt von einer großen Gruppe von Koreanern. Überall treffen wir die Chinesen, reden mit ihnen, beten mit ihnen gemeinsam, auch noch nach der Konferenz in den Straßen von Jerusalem und Tel Aviv. „Uns liegt Israel besonders auf dem Herzen“, bekennen sie. Und ihr Gebet, ihre Hingabe spricht diese Sprache überaus deutlich.

gg01

„Judenmission“, der Tempelberg und die UNESCO

Auch diese aktuellen Themen haben auf der Konferenz ihren Platz, nicht politisch, wie Demian betont, aber geistlich. Eindeutig ist das Bekenntnis, dass die Botschaft des Evangeliums von Jeschua Hamaschiach (Jesus Christus) zuerst den Juden gegeben wurde und sich daran nichts geändert hat. Und im Gebet wird die Rolle des Tempelbergs als Ort der Verherrlichung für den wiederkehrenden König Jesus mit eindeutiger und klarer Beziehung zur jüdischen Geschichte betont, anders als die UNESCO es wenige Tage vorher ausgedrückt hatte.

Mein Fazit

Für eine Konferenz mit einer langen Rednerliste, wäre ich vermutlich nicht nach Jerusalem geflogen. Aber diese Art, auf Gott zu hören und zu warten, die teilweise gewöhnungsbedürftig ist, aber Jesus so unzweideutig in den Mittelpunkt stellt, gefällt mir und spricht mich an – und macht mir Mut auch für Deutschland.

Und wir lieben es, immer wieder dort zu sein, wo unser Herr und bester Freund gelebt hat!

Die komplette Konferenz ist auf youtube oder watchmen.org frei verfügbar.

Wenn Angst und Unsicherheit zunehmen …

In der ersten Hälfte des Januar 2016 legt sich so etwas wie ein Schleier von Angst und Unsicherheit über unser Land. Nach den Anschlägen in Paris, Istanbul, Jakarta, Burkina Faso nun auch bei uns die Räumung des Münchner Hauptbahnhofs kurz vor Jahreswechsel. Und dann die Silvesternacht in Köln: Vor dem Hauptbahnhof sexuelle Übergriffe, Gewalt, Diebstahl, ausgehend von jungen Männern, die als Flüchtlinge hier sein sollen, so heißt es.

Quelle: http://de.freeimages.com - Dirk Ziegener
Quelle: http://de.freeimages.com – Dirk Ziegener

Fast im Tagestakt kommen Nachrichten über Anschläge und Gewalttaten. Es fällt beinahe schwer, sich alles zu merken. Überall scheint der IS „herumzugeistern“. Auch die bisher so geduldige Bundeskanzlerin reagiert etwas heftiger als sonst. Fast zeitgleich lässt eine andere Meldung aufhorchen: 2015 macht der deutsche Bundeshaushalt „wundersame“ 12 Milliarden (!) Euro Überschuss, trotz Flüchtlingskrise!

Gerechtigkeit und Ordnung
Eines muss klar sein: Die Werte unseres Landes, die uns dazu befähigen, andere willkommen zu heißen, brauchen Achtung und Respekt. Wer hierher kommt und Zuflucht sucht, muss verstehen, wie wir miteinander umgehen. Beispielsweise, dass Frauen keine beliebig zu behandelnden „Objekte“ sind. Wer Unrecht tut, wird dafür entsprechend zur Verantwortung gezogen, egal ob als Deutscher oder als Flüchtling. Hier müssen Politiker und Sicherheitskräfte konsequent und mit Augenmaß vorgehen.

Chancen ergreifen
Aus vielen Orten höre ich von Gemeinden, die sich mit großer Liebe für Flüchtlinge engagieren, ihnen sozial dienen, Gottesdienste mit ihnen halten, Menschen taufen – Wunder Gottes geschehen. Aber auch, dass man keinen Zugang findet, negative Erfahrungen macht, sich völlig hilflos vorkommt.

Meine persönlichen „Kontrast“-Erfahrungen
Ich erlebe im Dezember und Januar, dass ich mit etlichen Menschen beten kann, die mit großer Freude und Leichtigkeit ihr Leben Jesus anvertrauen. Fast alle aus muslimischem Hintergrund, und hier besonders Iraner. Verschiedene Leute, die zu uns in die Gemeinde gekommen sind und Jesus angenommen haben, oder über das Internet die gute Nachricht gehört und angenommen haben. Das erfüllt mich mit großer Freude. Viele wollte ich gerne namentlich nennen, kann es aber nicht tun.

Und nun?
Ich bin fragend, denn Meinungen bedrängen mich. Kann ich wirklich allen Nachrichten glauben? Terror und Angst auf der einen Seite, Bekehrungen und Wunder auf der anderen. Krasser geht es kaum. Ich muss mich selbst „sortieren“, um nicht im aktuellen Meinungsstrudel unterzugehen. Mir gelingt das so:

  • Flüchtlinge, sind keine „Massen“ sondern Individuen, die Gott liebt.
  • Ich nutze Gelegenheiten tatkräftig, so, wie sie sich mir bieten und lamentiere nicht über die „Krise“.
  • Sich finanziell einzusetzen, individuell und auch als Nation, scheint immer noch mit Segen verbunden zu sein.
  • Ich erhebe mich nicht über Politiker, sondern bete für sie. Sie brauchen Mut, Weisheit und Weitblick. Konkrete, tragfähige Lösungen werden gebraucht.
  • Ich „hänge mein Fähnchen“ nicht nach dem Wind der Meinung, biblische Werte bestimmen langfristig meine Position anderen gegenüber.
  • Ich bin bereit, meine Haltung immer wieder zu überdenken, notfalls zu korrigieren.

Gott nimmt sich der Schwachen und Benachteiligten an

pastor_asPastor Arthur Simonyan leitet die „Word-of-Life“-Gemeinde in Eriwan, Armenien. Ihn treffe ich am Freitagabend in Frankfurt, er dient als einer der Sprecher auf der Konferenz der russischsprechenden Pastoren im BFP. Eigentlich ist er aus familiären Gründen in Deutschland, da seine Tochter an Leukämie leidet und in Heidelberg behandelt wird. Wenn ich es mir richtig gemerkt habe, sind etwa 4000 Menschen in der Gemeinde, die er leitet. Außerdem ist auch er für weitere Gemeinden als nationaler Leiter verantwortlich. Meine Kollegen Juri und Vladyslav haben ihn eingeladen.

Am Nachmittag hatte ich zu den russischsprachigen Pastoren gesprochen. Viele von ihnen habe ich schon vorher getroffen, aber hier lerne ich etliche Neue kennen. Ich bin wirklich begeistert darüber, welche Schätze wir in unserem Gemeindebund haben. Das war auch schon an den Tagen vorher deutlich geworden, wo wir uns mit den Leitern des BFP im Bundesrat getroffen haben. Wir wollen GEISTbewegt unterwegs sein, ist das Credo der Tage. An die 20 Beiträge, jeweils 20 Minuten lang, sind wie ein Feuerwerk des geistlichen Reichtums. Die Tage enden damit, dass wir gemeinsam vor Gott knien und ihm uns selbst – und die Menschen in unserem Land – neu weihen. Das bewegt sehr. Die Inhalte der Tagung werden demnächst in einer schriftlichen Veröffentlichung publiziert.

Doch zurück nach Frankfurt. Welche Botschaft bringt uns Pastor Arthur? Auf der einen Seite spricht er über den Eifer, den wir für Gott haben müssen. Hier ermutigt er die Pastoren. Und dann spricht er über das „Schwache“. Er zitiert aus der Geschichte von Rahel, Lea und Jakob. Und Lea hatte matte Augen, Rahel aber hatte eine schöne Gestalt und ein schönes Angesicht (1. Mose 29,17). „Mit wem fühlst du mit?“, spiegelt er in seiner Predigt Gefühle. „Die meisten Bibelleser fühlen mit der ‚betrogenen‘ Rahel mit, Gott aber kümmert sich um Lea“. Als aber der Herr sah, dass Lea verschmäht war, da öffnete er ihren Mutterschoß; Rahel aber war unfruchtbar (1. Mose 29,31).

„Wie gehen wir in unseren Gemeinden mit Menschen um, die Defizite haben, vielleicht körperlich oder geistig? Oder anderweitig benachteiligte Menschen? Wir müssen sie mit besonderer Liebe umgeben.“ Und dann spricht er an diesem Punkt über das pastorale Herz – und wie Gott die Schwachen sieht. Dem Pastor einer großen Gemeinde geht es nicht um „Erfolg“ und Prestige, sondern um das Herz. Das berührt. Er bittet um Gebet für seine Tochter, man merkt, wie ihn das zeichnet.

Später haben wir Gelegenheit, auf Englisch miteinander ins Gespräch zu kommen. Wir beten miteinander. Ich bin dankbar, dass ein Austausch in alle Richtungen stattfindet. Nicht nur der Osten braucht uns – wir brauchen den Dienst der Geschwister aus dem Osten – und nehmen ihn dankbar an. Das macht Mut.

Wenn jeder Dritte ein Chinese ist

Wenn etwa jeder Dritte, den du siehst, ein Chinese ist oder asiatisch aussieht, bist du entweder in Asien, oder Ende Oktober 2015 in München – beim „Global Gathering“ in der Olympiahalle. Da es gut in meinen Zeitplan hineinpasst, folge ich der Einladung des ägyptisch-kanadischen Arztes David Demian, bei dieser „Nicht-Konferenz“, wie er im Juli beim Pastorentreff ausdrücklich erklärt, in unserer Stadt teilzunehmen.

IMG_4809

Ich treffe viele bekannte Gesichter, meine Pastorenkollegen sind sehr gut vertreten. „Wir wissen, wann wir anfangen“, bekennt David Demian schon im Vorfeld, „aber wir wissen nicht, wann wir aufhören – und wo wir landen.“  So bin ich richtig gespannt, wie er und sein Team das umsetzen werden.

Ungeplant, doch nicht chaotisch…
Was ich hier erlebe, haut mich buchstäblich um. Die Leitung der Versammlungen geschieht wirklich so, wie im Vorfeld angekündigt. Obwohl in etwa 5000 Besucher in der Olympiahalle sind, ist sehr wenig geplant. Lobpreis wird ganz groß geschrieben, Predigten gibt es eigentlich nicht. Man nimmt sich Zeit zur Anbetung und zum Warten auf Gott, meistens nicht unter zwei Stunden. Ja, natürlich hat das Team einige Lieder vorbereitet, aber dann wird großer Freiraum gegeben, so dass sich der Lobpreis zu einem Fluss entwickeln kann, der sich erst während des Fließens formt. Die Lobpreisleiter wechseln „on the fly“, mal die Araber, mal die Deutschen, mal die Chinesen. Liedtexte entstehen während des Lobpreises, das Beamerteam schreibt eifrig mit – in bis zu fünf Sprachen gleichzeitig, Chinesisch und Arabisch inklusive. Und laut ist es – ich schenke voll Mitleid meiner Nachbarin meine Oropax, für die sie sehr dankbar ist …

gg01

Fahnenschwenker verteilen sich über die ehrwürdige Olympia-Arena, das Sicherheitspersonal der Münchner Feuerwehr und der Sicherheitsfirmen schaut verdattert, während Hunderte extrovertiert vor der Bühne tanzen und die Polonaise sich durch die ganze Arena zieht. „Nein, es dürfen aus Sicherheitsgründen nicht mehr Leute in den Innenraum der Arena“, bremst Martin Egli vom Wächterruf, der von deutscher Seite mitleitet. Besonders inspiriert mich das Tanzteam. Bei jedem Auftritt in anderer Kleidung und mit Accessoires in der kreativsten Form, gibt es jeder Session eine besondere, manchmal richtig ehrfurchtserweckende Note, besonders als mit Tüchern symbolisch der Thron Gottes nachgezeichnet wird.

Jubel, Proklamation, Gebet – es reißt auch mich immer wieder förmlich vom Sitz, Tanzen ist oben im Rang etwas schwierig. Am prophetischen Tisch kann man seine Eindrücke aufschreiben. Ich finde es total spannend in diesen Tagen dabei zu sein, weil man kaum weiß, was als nächstes kommt.

Messianische Juden und Araber
Etwa 150 arabischsprechende Teilnehmer sind dabei. Und eine israelische Delegation messianischer Juden. Sie werden zum gemeinsamen Gebet der Annahme und der Segnung eingeladen. „Wir lieben euch als arabischsprechende Geschwister durch die Liebe, mit der Jesus uns geliebt hat. Und wir wollen das zuerst und besonders tun.“ Es ist ein starker Moment, als sich Juden und Araber in den Armen liegen. Sie wollen gemeinsam für Frieden und Versöhnung eintreten und so ein Zeichen setzen. Souverän und mit viel geistlichem Feingefühl und Autorität leitet David Demian die Anwesenden in ein Segensgebet für die beiden Gruppen. So wie er die messianischen Juden während der ganzen Konferenz immer wieder zentral einbindet. Das Abendmahl teilen Juden und Araber gemeinsam aus – es gibt als Brot bayerische Brez’n. Die Halle lacht. „Typisch deutsches Brot, eben“, sind die Ausländer ganz unverkrampft.

gg02

Besonders seitens der messianischen Juden wird ein Segensgebet für die Deutschen formuliert. „Ihr habt von Gottes Berufung her eine Leitungsrolle unter den Nationen – und ihr müsst euch wegen eurer Vergangenheit dafür nicht schämen.“ Zuspruch geschieht zur deutschen Delegation. Applaus brandet durch das weite Rund der Olympiahalle. Ja, man will sich wirklich der Berufung stellen.

Viel mehr Chinesen wollten kommen
Doch zurück zu den Chinesen. Wie viele genau da sind, weiß ich nicht, es heißt 1500. Aber ich weiß, dass ich mit vielen persönlich gesprochen und sie „gedrückt“ habe. Herzliche Umarmung ist hier sowieso wie selbstverständlich, Küsschen rechts und links. Wir heißen die Chinesen in München herzlich willkommen, sie drücken ihre Liebe und ihre Last für Deutschland aus. „Wir beten intensiv für euch“, heißt es immer wieder. „Wir sind euch so dankbar, dass ihr als Europäer vor 150 Jahren Missionare nach China geschickt habt.“ „Mission reverse“, ich ahne, was an Potential darin liegt! Welch eine enorme Kraft hat das Gebet dieser Geschwister. Das müssen wir uns als Deutsche zu Nutzen machen, es darf nicht brach liegenbleiben. Viel mehr Chinesen wollten nach München kommen, sind aber am Visum gescheitert.

gg03

Dann kommen mehrere Hundert von ihnen auf die Bühne, knien nieder, beten für Deutschland,  schreien zu Gott für geistliches Leben in unserem Land. Das geht tief. Die Halle geht mit. Eine 17-Jährige Chinesin kommt und gibt ihre Vision weiter, sieht eine starke Verbindung zwischen Deutschland und China. „China unterstützt Deutschland geistlich, dass ihr in eurer Berufung leben könnt.“ Später habe ich Gelegenheit, mit Papa L. persönlich zu sprechen. Er ist einer der Leiter der größten Hauskirchenbewegung in China. Auch er bestätigt das Gesagte, aber die Sprachbarriere macht die Kommunikation nicht so einfach. Einen Tag nach der Konferenz gibt mir die Übersetzerin, die in der Halle spontan hilfreich einsprang, per eMail eine Einladung weiter, ob ich bereit wäre in China zu dienen, Papa L. würde mich einladen …

Die Brücke nach China ist für mich in diesen Tagen besonders deutlich sichtbar. Wir stehen in der Halle in kleinen Kreisen und beten füreinander, Deutsche und Chinesen. Dabei steht im Vordergrund, sich gegenseitig zu unterstützen. „Wir brauchen einander“. Segnend, fürbittend treten die Nationen füreinander ein, während vor der Bühne etliche sich unter einer großen chinesischen Flagge sammeln. Dann wird erwähnt, dass Kanzlerin Merkel gerade heute in China wäre, was zu einer Extra-Segensgebetsrunde für sie und ihre Arbeit leitet.

Auch diese Grenze muss fallen
Am letzten Tag wendet sich die Versammlung den Koreanern zu. Dankbar wird ihrerseits erwähnt, dass Deutschland als Nation den Koreanern damals in einer wirtschaftlich schwierigen Situation großzügige Finanzhilfen gab. „Ihr Deutschen habt uns nicht verwaist gelassen, als wir es nötig hatten.“ Aber geistlich wäre man, trotz großer Gemeinden, manchmal „vaterlos und verwaist“. „Ihr als Deutsche habt die Erfahrung des Mauerfalls gemacht, betet auch für unsere Nation, dass Nord- und Südkorea wiedervereint werden – und dass echte Vaterschaft gelebt wird.“ Auf der Bühne treten Trompeter auf, die Schofarbläser im Saal stimmen mit ein und die Fürbitte für Korea und dessen Wiedervereinigung entwickelt sich zu einem fast ohrenbetäubenden Gebet – ohne dass „gepuscht“ wird.  „Beten haben Tausende von Deutschen bei euch gelernt“, betont Ortwin Schweitzer vom Wächterruf. „Dafür sind wir euch Koreanern überaus dankbar – und für die Beter, die ihr zu uns geschickt habt.

12193833_927559787333426_2812143501155599867_n

Ein weiterer Fokus ist das ehrende Miteinander der Generationen. Am Dienstagmorgen kommt die junge Generation auf die Bühne. Man geht aufeinander zu, betont die Notwendigkeit des Miteinanders, sowohl von den „Alten“ als auch den „Jungen“ – und gibt der jungen Generation Raum. Unabhängig von Alter, Status, Nationalität und Geschlecht geschieht hier ein Miteinander, das beispielhaft ist.

Am Mittwoch muss ich etwas früher gehen, da wir noch Termine haben. Schade, dass ich die Aussendung und die Schlussworte nicht mehr mitbekomme. Es war wirklich eine „sehr außergewöhnliche Nicht-Konferenz“. Für mich persönlich – und überhaupt.

Hinweis: Gott24.TV überträgt die Aufnahmen von Global Gathering am Samstag (7.11.) ab 14:00 und jede Nacht ab 23:30 diverse Wiederholungen davon.  

Im Western-Saloon in Baden-Baden …

oder: Was geschieht, wenn wir JESUS Priorität geben

11044964_811209975635075_370523568861684651_nSonntagmittag: Cool ist der Saloon. Auf Strohballen sitzen wir und genießen die Atmosphäre. „Das ist für unsere Ranger“, sagt Pastor M.. Petra und ich sind in Baden-Baden. Der zweite Gottesdienst ist gerade vorbei und wir machen einen kleinen Rundgang über das Gemeindegelände. Im Gebäude nebenan gibt es gerade Mittagessen. 7500 Quadratmeter groß ist das Grundstück, Platz ohne Ende. Die Gemeinde plant gerade ein Zentrum für 1000 Leute. „Mein Herz brennt für sein Haus“ ist das Motto, das die Gemeinde verfolgt. Die Dienste sind stark, aber auch die Impulse, die wir an diesem Wochenende für uns mitnehmen, sind sehr wichtig. Es ist immer eine Bereicherung, andere Gemeinden zu besuchen.

Montagvormittag: Für den Rückweg von Baden-Baden beten wir um die richtige Führung. Nicht über die Autobahn, sondern über den Schwarzwald fahren, ist in unserem Herzen. Altensteig liegt auf dem Weg, da halten wir einfach mal an. Der LIDL ist wenig frequentiert. Direkt gegenüber liegt das Gemeindezentrum von JMS. Hier, mitten in der „Pampa“ des Schwarzwalds, gibt es eine starke Gemeindearbeit. Wir melden uns an der Rezeption, weil wir nicht angekündigt sind. Pastor K. ist da und nimmt sich spontan Zeit für uns. Was sich anschließt, ist eine Zeit des intensiven Autausches und der starken Ermutigung. Das ist nicht einseitig, sondern gegenseitig. Stark.

11037777_812305402192199_5947725713708115747_nMontagnachmittag: Wir reisen weiter nach Tübingen. Die Stadt ist malerisch und wirklich eine Reise wert. Aber deswegen sind wir nicht hier. Ganz klar hatten wir bereits am Freitag den Impuls, ein älteres Ehepaar – Pastoren im Ruhestand – zu besuchen. Auch hier fallen wir einfach ohne Anmeldung ein, richtig undeutsch. T. und E. sind ganz schlichte Leute, die für Jesus brennen. T. hat zwei Fußprothesen und hatte gesundheitlich starke Probleme. Er konnte in den letzten Jahren nicht auf unseren BFP-Konferenzen sein. „Wenn Gottes Reich an der ersten Stelle steht, sind wir einfach gesegnet.“ E. ist entschlossen und dient auch im Alter Jesus von ganzem Herzen. In ihrem Haus ist ein riesiges Kleiderlager, wo sie Kleider für Nehemia/AVC sammeln. Mit gemeinsamem Gebet verabschieden wir uns nach knapp zwei Stunden. Eine sehr tiefgehende Zeit.

Dienstagabend: Der „Runde Tisch“ trifft sich wieder. Wie können wir Jugendliche für Jesus erreichen? Eine tolle Runde ist hier zusammen, um zu ringen und zu suchen, wie wir als FCG-M junge Leute besser erreichen können. Ein „Jugendcafe“ steht auf der Agenda, viele Gedanken werden ausgetauscht. „Was du heute kannst besorgen…“, schreibt I. bereits um 23:45 Uhr und sendet mir das Protokoll des Abends. „Ich bin schon fertig“, schreibt I.. Auf geht’s! Klasse.

Mittwochabend: Unser Bibelkreis ist wieder oben oben im Saal, damit auch Karin dabei sein kann. Schon zwei Abende sprechen wir intensiv und tief über den Gedanken, dass wir „Kinder des Gehorsams“ sind und nicht „Kinder der Finsternis“. Wow, das geht wieder sehr tief. Dieser Bibelkreis ist echt die Wucht. Ich hoffe, dass wir heute Abend mit dem Vers fertig werden. Leider werde ich enttäuscht.

Donnerstagmorgen: K., die gerade bei uns unter der Woche ein freiwilliges Praktikum macht, druckt heute die bulgarische Ausgabe von „Sündenbekenntnis befreit“. Auch eine französische Übersetzung liegt inzwischen fertig gedruckt vor. Ich bin sehr dankbar für alle, die sich hier engagieren, in der Übersetzung der Hefte, aber auch in der Umsetzung.

Donnerstagmittag: PARS heißt das persische Restaurant in der Nähe des Hauptbahnhofs. R. hat uns hier einen Tisch reserviert. Aus Dänemark ist K. J. nach München gekommen. Er vertritt SAT-7, einen christlichen Fernsehsender, der Programme in die arabisch-, farsi- und türkischsprechende Welt sendet – rund um die Uhr. „Wir senden ein lebensveränderndes Programm, das von einer halben Milliarde arabisch sprechenden Menschen – und vielen weiteren via Satelit gesehen werden kann.“ Auch R. brennt dafür, seine Landsleute mit dem Evangelium zu erreichen. Eine Begegnung mit dem Prädikat „himmlisch“.

Donnerstagabend: „Wir sind 25 und jeder kann ein Ticket für eine Kleingruppe ziehen“. M. gestaltet den Rahmen. Der Workshop „soziale Dienste“ des Team2020 ist bestens vorbereitet. A. H. hält einen motivierenden und fundierten Vortrag über die soziale Verantwortung der Gemeinde und über die konkrete Situation in München. Was ist unsere Berufung als Gemeinde in diesem Bereich? Fast vier Stunden ist die Truppe zusammen und am Ende sind viele Gedanken zusammengetragen, die nun vom Team2020 weiterentwickelt werden. Klasse, wie unsere Gemeinde sich hier aufgestellt hat und mit einem visionären Blick in die Zukunft schaut.

Freitag-Mitternacht: „Das Evangelium wird allen Menschen gepredigt werden.“ Stjepan gibt einen Impuls zu Beginn des zweiten Gebets um Mitternacht. Vom ersten Moment an ist eine starke Gebetsatmosphäre da. Wie im Flug vergeht die Zeit und um viertel vor eins stapfe ich dankbar durch die nächtliche Kälte nach Hause. R. hat mir noch die Farsi-Übersetzung des „Sündenbekenntnis befreit“ mitgebracht. „Unter Tränen habe ich die Übersetzung gemacht“, hatte er mir gemailt. Jetzt habe ich sie in der Hand. „Falsch gedruckt“ sind sie, denke ich. Nein, nicht falsch, denn Farsi liest man „von hinten“.

10985871_814390671983672_2167548967370880210_nSamstagvormittag: D. holt uns um acht Uhr ab, weil wir gemeinsam nach Augsburg fahren. Regionaler BFP-Pastoren und Leitertag ist heute im neuen Gemeindezentrum der Gemeinde „Neues Leben“ angesagt. Diese Gemeinde kenne ich seit vielen Jahren. Wenige Meter weiter hat diese Gemeinde vor 20 Jahren ein „kleines Räumchen“ von 35 qm, damals hatte ich sie dort besucht. Heute haben sie ihre „Zelte weit gemacht“ und ein großes Gemeindezentrum im Süden von Augsburg, fast 1800 qm sagt Pastor I.. Um den Platz beneide ich sie, um die Arbeit, die noch nötig ist, ihn nutzbar zu machen, nicht. Das Thema des Leitertages ist genau hier angesetzt: „Mache deine Zelte weit.“ Jörg Delekta, unser Regionalleiter, inspiriert die Teilnehmer, sich mutig nach Neuem auszustrecken. Die Sonne scheint verheißungsvoll warm, als wir nach Hause fahren. Was für eine intensive und gute Woche…

… und nun steht der Sonntag vor der Tür: Wir beten für unsere Elmshorner Freunde, die den ZDF-Gottesdienst bei sich haben (siehe unten). J. predigt bei uns am Vormittag, dazu kommen extra seine Eltern, :-), danach hat unsere bulgarische Gruppe eine Taufe mit sechs Leuten, die Jesus in ihrem Leben Priorität geben wollen. Genau! Das machen sie richtig! Das bewirkt und „ferändert“ etwas in unserem Leben.

Und abends haben wir dann noch unseren Abendgottesdienst… „Friede. Freude. Feränderung.“

Friede_Freude_Feraenderung_v2_SLIDERIch freue mich, euch an diesem Sonntag in der FCG-M zu sehen.

Jeder hat seinen Platz im Reich Gottes

IMG_8643aEs ist Samstagnachmittag. Draußen scheint die Sonne, es ist etwas Schnee gefallen. Diese Zeilen schreibe ich euch aus unserem Hostel in Kosice in der Slowakei. Mit den slowakischen Geschwistern haben wir hier einige intensive Tage zum Thema „Wie Gott es sich gedacht hat – Die Botschaft der Wiederherstellung in den kleinen Propheten.“ verbringen können. Über dieses Thema hatten Petra und ich schon im vergangenen Jahr in Rumänien gesprochen, inzwischen haben wir es weiter ausgebaut und die Botschaft ist hier auf sehr offene Herzen gestoßen. „Und wenn ihr nur für mich gekommen seid…“, meint F., der Pastor der Gemeinde. Er ist familiär durch eine schwierige Zeit gegangen, seine Frau war an Krebs erkrankt, ihr geht es aber nach Operation und Therapie schon wesentlich besser. F. hat seit einiger Zeit die Leitung der Arbeit von S. H. übernommen, der für uns übersetzt.  Er sieht neue Weichenstellungen für seinen Dienst und seine Berufung.

IMG_8663Immer wieder ist es ein Phänomen, mit Geschwistern im Ausland gemeinsam zu beten und im Lobpreis zu sein. Auch hier ist die Erfahrung wieder sehr stark. Obwohl die sprachlichen Hindernisse da sind, scheinen sie im Gebet und Lobpreis völlig in den Hintergrund zu treten. Auch hier in Kosice fühle ich mich diesbezüglich wie zu Hause.

IMG_8704Dass unsere Reise nicht ganz einfach werden würde, hatten wir schon im Vorfeld „gespürt“. So kommt es dann auch. Das beginnt schon, als wir auf dem Weg zum Bahnhof sind. Obwohl wir mit ausreichend Vorlauf losgefahren sind, endet die Reise schon hier fast im morgendlichen Münchner Verkehrschaos. Aber eben nur fast. Vor Ort äußert sich das dann in einer geringeren Teilnehmerzahl, als die Organisatoren erwartet haben. Aber wir sollten uns durch nichts irritieren lassen – das war ebenfalls in unseren Herzen. Und das haben wir auch nicht. So ist die Zeit hier (bisher) stark, intensiv und gut, in manchem aber anders als geplant und erwartet.

IMG_8617Besonders beeindruckt sind wir von D., die seit vier Jahren wegen MS im Rollstuhl sitzt. Sie ist morgens schon da, bevor wir zum Frühstück kommen (um 9 Uhr beginnen die Lehreinheiten) und ist rund um die Uhr bis abends um 22:00 Uhr bei jedem Seminar dabei. Eine starke Ausstrahlung geht von ihr aus. „Ich habe keinen Dienst in der Gemeinde“, meinte sie, als wir alle danach fragen. Heftig widerspricht der Pastor. „D. bringt Menschen zusammen, die sonst nicht von Gott hören würden“, konstatiert er. Ja, so ist es. JEDER hat seinen Platz im Reich Gottes.

Am Sonntag haben wir noch mehrere Gottesdienste, bevor wir dann am Montagmorgen um 6:00 Uhr wieder nach München aufbrechen, um uns um 9:30 Uhr dann im Bahnhof Budapest Keleti mit C. K. zum Frühstück zu treffen …

Begegnungen – so ganz „nebenbei“

Wir erleben es in Jerusalem als wohltuend, wie einfach man mit Menschen in Kontakt kommen und mit ihnen reden kann. In diesem Blogbeitrag ein paar Impressionen unserer „rein zufälligen Begegnungen“.

In Israel wachsen die Haare besonders schnell, findet die beste Ehefrau. Sie meint damit ihre eigenen. Für meine befinde ich das auch als zutreffend. Der Frisör unweit des New Gates hatte einen vertrauenserweckenden Eindruck gemacht, als wir vor ein paar Tagen dort nachfragen. „Welcome. This is your shop. I remember you“. Die üblichen arabischen Freundlichkeiten. Bereitwillig wird uns ein Platz zugewiesen. Ein Kunde auf dem Stuhl. Ein „Kahlkopf“ sitzt daneben und „will“ auch. Das kann ja nicht so lange dauern. Fehlanzeige. Dass man so lange einen „Ohnhaarigen“ frisörmäßig bearbeiten kann, war mir bisher auch unbekannt…

Das Warten lohnt sich. Geschickt schneidet er meine Haare, ohne Maschine versteht sich. Neben dem Spiegel hängt eine „Segensurkunde“.  Papst Benedikt hat diesem Laden während seines Holy-Land-Besuches seinen Segen vermacht. Namentlich. Die ganzen katholischen Würdenträger kommen zu ihm zum Haare schneiden, sagt er mit leicht geschwellter Brust. Und die amerikanischen Diplomaten auch. So, so, wir sind also in bester Gesellschaft.

Ob er denn Christ wäre, will ich wissen. So etwas würde sich ja nicht jeder in seinen Laden hängen, schon gar nicht im muslimischen Viertel. „Nein, er würde das Gute vom muslimischen Glauben und vom christlichen Glauben nehmen“. Mal so, mal so, Mama war christlich, Papa (das Frisieren hat er von ihm geerbt) muslimisch. Ich liebe Mama und Papa. Da muss ich es beiden Recht machen.  Sehr pragmatisch.

Abschiedsfoto. Ich werde von deinen Frisierkünsten berichten. Toilette? Kein Problem. Im ersten Stock. Meine Frau hat selten so eine „sehenswerte“ Toilette besucht. Nun, nur gut, dass das nicht der Anlass unseres Besuches war.


Szenenwechsel. Wir sitzen in einem netten Restaurant, um eine Kleinigkeit zu essen. Ein paar Leute sitzen mit uns im Raum. Auf dem Flat-Screen in der Ecke läuft ein TV-Programm mit arabischen Untertiteln. Irgendwie macht das Programm einen christlichen Eindruck auf mich. Wir diskutieren über das Programm, zwischendrin tunken wir die Pommes in die Super-Spicy-Soße. Dann wird umgeschaltet. Diesmal ist es eindeutiger. Ein Lobpreisleiter und diverse Gottesdienstbesucher, die die Hände heben.

In einem arabischen Restaurant in der Jerusalemer Altstadt im muslimischen Viertel…

„Was ist das für ein Programm?“, will ich vom freundlichen Besitzer wissen. „Ist das christlich?“ Aus Ägypten, heißt es. Baptisten würden dahinter stehen. Ob er Baptist wäre? Nein, aber er würde eine freie Gemeinde gleich hier in der Altstadt besuchen. Wir freuen uns. Da waren wir vor zwei Jahren auch! Ob er xyz kennen würde? Ich nenne den Namen eines arabischen Freundes. „Na klar, schöne Grüße“.  Der Fototermin zum Abschluss des Restaurantbesuches ist fast obligatorisch. Wie klein die Welt doch ist. Auch in Jerusalem.


Szenenwechsel. „Fährt dieser Bus in die xyz-Straße?“ Ja, müsste er, soweit es meine kargen Jerusalem-Kenntnisse zulassen, versuche ich die Frage wahrheitsgemäß zu beantworten. „Kommt er pünktlich?  Seid ihr schon mit ihm gefahren?“ Keine Ahnung, von dieser Haltestelle aus jedenfalls nicht, mit der Linie schon. Der freundliche Jude meint, seine Frau hätte vorgeschlagen zu laufen. „Aber, wenn du jetzt losläufst, kommt der Bus gleich. Murphy schlägt doch immer zu…“, meint er lächelnd.

Murphy hat sich geirrt. Der Bus kommt. Wir sitzen einander gegenüber. Schulmanager in Tel Aviv ist er, 800 Schüler. „Wir hatten schon Austausch mit Deutschland. Bist du eigentlich jüdisch?  Warum trägst du eine Kippa?“ Erst jetzt fällt mir auf, dass die Kippa vom Westmauerbesuch noch auf meinem Kopf ist. „Nein, aber wir lieben euer Land, wir lieben euer Volk, deswegen kommen wir hierher.“ Warum liebt ihr unser Volk? Solche Fragen höre ich gerne. „Weil unser bester Freund aus eurem Volk stammt.“ Der Austausch wird noch etwas konkreter, bevor wir uns an der vorletzten Bushaltestelle verabschieden müssen.


Szenenwechsel. Es ist relativ spät abends. Auf dem Yehuda-Markt haben wir noch einige Lebensmittel nach unserer Tour von Ein Gedi eingekauft. Im Bus sitzt uns ein „mitteljunger“ Mann schräg gegenüber. Er begutachtet seinen neuen Computerrucksack, den er scheinbar soeben gekauft hat. Ob er gut ist, will ich wissen. Das Gespräch findet keinen richtigen Ansatz und stockt.

Ob wir aus Deutschland sind, will er zwei Bushaltestellen später unvermittelt von uns wissen. Ja. Ping, pong, der Austausch von ein paar Belanglosigkeiten folgt. Er müsse jetzt aussteigen. Wir auch. Er an der vorderen Tür, wir wählen die hintere. An der Haltestelle dreht er sich zu uns um. „Warum besucht ihr unser Land immer wieder?“ Die Frage und auch eine prägnante Antwort ist uns nicht unbekannt. „Mit 28 Jahren bin ich religiös geworden. Vorher hat mich das alles nicht interessiert,“ erzählt er von sich.

Nein, religiös wären wir nicht, aber wir würden den Messias von Herzen lieben. Den Messias? Ob wir wissen würden, wer der Messias wäre? Inzwischen sind wir einige Meter weiter gegangen, an der Ampel würden sich unsere Wege trennen. Gerne und bereitwillig geben wir unsere Überzeugung preis. Schweigen. Ein höfliches Wort des Abschieds, „ich muss jetzt hier lang“. Unsere Gedanken gehen ihm segnend hinterher, während er in der Jerusalemer Nacht verschwindet.


Szenenwechsel. Busfahrt nach Tel Aviv. „We are going to the beach. In Jerusalem haben wir so etwas nicht.“ Wir wollen auch zum beach! Eine Gruppe junger Leute sitzt während der Busfahrt um uns herum. Der Lockenkopf ist besonders aufgeschlossen. Bayern München? Klar, kennt er. Schweinsteiger spielt da. Zum Glück habe ich auf meinem Ipad ein paar Fotos des einzigen Besuchs meiner Münchener Jahre in der „Arroganz-Arena“ dabei. Wow, ist die aber gigantisch. Ja, das ist sie. Und ein paar Schneebilder. Den Iglu, den unsere Royal Ranger gebaut haben. „Soviel Schnee gibt’s in Germany?“

Ich zeige die letzten Ausgaben meiner Blogthemen. Oooh, in Yardenit wären sie letzte Woche auch gewesen – und den Biber, na klar, den habe er auch gesehen. Was das denn mit der Taufe auf sich hätte. Zum Glück kann mein Ipad auch hier aushelfen.

Nicht zu sehr aber doch gut können wir uns auch über „tiefere Dinge“ des Lebens austauschen. Die Busfahrt nach Tel Aviv hätte noch viel längern dauern können. Ein Foto zum Schluss? Na klar doch. „Nice to meet you“.


Szenenwechsel. Woher wir denn kommen? Wir sitzen mit unserem Kaffee auf einer kleinen Mauer in der Sonne.  Uns fragt ein arabisch aussehender Mann, der vor einem Laden in der Nähe des Jaffa-Gates steht. Gegenfrage: Was hat das Getränk gekostet? 6 Schekel. Das will ich auch kaufen, dann können wir uns weiter unterhalten.

8 Schekel soll ich zahlen, kein Verhandeln möglich… Einheimischenpreis vs. Touristenpreis. So ist das halt. „Soll ich für dich reingehen und es umtauschen?“ Ich kriege es für 6 Schekel. Der vermeintliche Araber will sich einsetzen. Die umgerechnet vierzig Cent sind mir den Stress dann doch nicht wert.

Nein, arabisch ist er nicht, italienischer Herkunft sei er, gibt er uns bereitwillig zu verstehen.

(to be continued)


Wirklich! – Einfach klasse, was sich hier so „ganz nebenbei“ ergibt.