Camp der Superlative – 15.000 Royal Rangers beim Bundescamp – Segen und gute Impulse
„DIXI“ steht auf den kleinen blauen Häuschen. Es ist etwa drei Uhr morgens, wegen eines sehr dringenden Bedürfnisses habe ich mich auf den Weg hierher machen müssen. Gleich beim Münchner Nachbarstamm fließt eine „kleine Isar“ leicht plätschernd in der Dunkelheit vorbei. Gestern war die noch nicht da.
Meine Stirnlampe leuchtet auf meine Schlafanzughose, die beim Gang aus Versehen in den frischen Matsch getaucht wird – so kann ich nicht zurück in meinen Daunenschlafsack, der inmitten einer Pfütze auf einer Isomatte in meiner Kote, dem Pfadfinderzelt, liegt. Dank einer Plastikfolie bleibt mein Schlafsack trocken, nur mein Kostüm für die Abendveranstaltungen bekommt etwas Feuchtigkeit ab, anderen Stämmen ergeht es schlimmer.
Aufstehen gegen Antisemitismus und für gesunde Familien
Neufrankenroda, Hofgut Siloah, am Mittwochabend: Während das Programm in der riesigen Burg-Arena auf seinen Höhepunkt zusteuert, geht ein Starkregen auf die 15.000 Royal Rangers nieder. Gerade hat der israelische Botschaftsrat Rogel Rachman aus Berlin ein Grußwort gebracht und die Royal Rangers haben eine Erklärung gegeben, mit der sie bewusst gegen Antisemitismus in Deutschland aufstehen, da kommen auch schon die Wagengespanne in die Arena. Fast schon traditionell ist dieses Wagenrennen mit jungen Männern aus allen Bundesländern. Wagemutig werfen sie sich in den extra ausgehobenen Wassergraben. Wegen der Witterungsverhältnisse kann allerdings nur eine Schaurunde gelaufen werden.
Am nächsten Morgen strahlt die Sonne zum morgendlichen Stammleitergebet um 7:00 Uhr schon wieder mit aller Kraft auf das Campgelände. Vorher noch schnell einen Platz im Duschcontainer ergattert, kalt geht es sowieso schneller. „Warmduscher“ hätten besser daheim bleiben sollen.
„Wir schauen nicht zurück, sondern vorwärts und wir werden einen gesegneten Tag haben“. RR-Bundesleiter Peter Lehmann motiviert die Stammleiter und Dank der kräftig scheinenden Sonne ist das meiste schnell getrocknet und der Abend schnell vergessen. „Wir als Rangers können mit und ohne Regen“, sagt der Bundesleiter. „Gestern war es halt mal mit…“.
Logistische Meisterleistung
Dieses ist das weltgrößte Royal Rangers Camp, das jemals stattgefunden hat. 30.000 Semmeln werden jeden Morgen frisch angeliefert, die Versorgung ist eine logistische Meisterleistung. Die Regionalküchen, beliefert von 30 Versorgungsfahrzeugen, verteilen das Essen auf die Stämme, diese auf die Teams, in der jeder Teilnehmer seine „Familie“ hat. So geht der Einzelne in der Masse nicht unter.
Im Campheft gibt es für jeden Tag eine Andacht, die in den Teams durchgesprochen wird. Die Stämme treffen sich intern, auch gibt es Zusammenkünfte in den Regionen. Dazu dann die Plenumsveranstaltungen in der Burg-Arena, die eigens mit viel Liebe fürs Detail für die Abende aufgebaut worden ist. Mir gefällt diese effektive Struktur sehr.
La-Ola in der Burg-Arena
Die Burgtreffen sind eindeutig der Höhepunkt des Camps. Der Einmarsch ist peinlich genau geplant, damit jeder Stamm an jedem Abend an einem anderen Platz sitzt. Das Vorprogramm allein schon sehenswert. Hunderte von Helfern sind eingebunden, damit die Abende klappen. Ein klassisches Orchester von Rangern mit Cello, Geige und Trompete bildet den musikalischen Rahmen. Dieses muss wegen der Witterungsverhältnisse in ein Zelt hinter der Bühne umziehen, spielt aber weiter life und ist per Videoscreen eingeblendet. Das klappt (fast) perfekt und mischt sich mit der Lobpreisband auf der Bühne, die fetten Sound in die 140.000 Watt Musikanlage powert. Hinter der Burg schnurren mehrere riesige Dieselgeneratoren für die nötige Campenergie.
„Geht’s euch gut, Rangers?“ Begeistertes Gebrüll brandet aus dem weiten Rund der Arena auf. Campleiter Martin Seiler aus Stuttgart weiß die Rangers im Hauptprogramm zu packen. „Woh-oh-oh-ohohohoh, wir singen für dich, unseren Gott, denn du bist schnell, schneller als die Feuerwehr….“. Das Stadion rockt. „Ich sag JA zu dem Geschenk, dass du für mich am Kreuz starbst“. Das Camplied ist ein richtiger Ohrwurm und begleitet einen auch tagsüber. Links am Tribünenende startet eine La-Ola-Welle und kreuzt sich mit der, die rechts gestartet ist.
Schade, dass man auf der Tribüne baupolizeilicherseits nicht tanzen darf. Dafür tun das die Ranger auf der Bühne in jeder Art und Weise. Apropos Bauaufsicht: Erst fünf Stunden vor der Eröffnungsfeier war der letzte Stempel unter die nötigen Genehmigungen für Bauten und Sicherheitskonzept gesetzt worden – großes Aufatmen bei den Verantwortlichen. Den Verantwortlichen der Feuerwehr schlottern bei zehn Lagerfeuern in der Arena jeden Abend die Knie und so bewachen sie mit mehreren einsatzbereiten Autos und Argusaugen die lodernden Flammen…
Von Wertheim nach Wittenberg und zurück
Aufbruch Anno 1514 – Auch die Stadt Wertheim hat Berührung mit dem „neuen Glauben“ von Martin Luther bekommen. In einem hochklassigen Theaterstück werden die Rangers mit atemberaubender Spannung in die Historie hineingenommen. Ein Theaterstück mit mehreren parallel laufenden Handlungssträngen zieht sich in Fortsetzung durch alle vier Burgabende durch. Zwischendrin auf den großen Videoscreens immer wieder Einspieler aus dem Luther-Film. Verpackt in eine fast dramatische Handlung immer wieder die Botschaft von Jesus, dass Errettung nur durch Gnade geschieht. Das berührt die Rangers – und mich auch. Weitere Werte, die den Royal Rangers wichtig sind, werden mit in das Theaterstück eingepackt.
Die Geschichte hat ein melodramatisches Happy End, als die unfreiwillig ins Kloster geratene Lene von dort befreit wird und ihren Buchdrucker Hans heiraten kann, der selbst das Neue Testament drucken darf. Beide kommen im Verlauf des Theaters zu einer Entscheidung für den „Glauben an Jesus aus Gnade“. Sein Fürst öffnet sich dem evangelischen Glauben und empfängt dann das Neue Testament in der Übersetzung Martin Luthers. Das Theaterstück ist hochklassig und mit vielen Schauspielern und Statisten besetzt. Auf der etwa vierzig Meter breiten Bühne, die perfekt dekoriert ist, läuft es in mehreren Bühnenbildern ab, die auf den großen Video-Screens übertragen werden.
Aufbruch Anno 2014. Die Botschaft, die das Camp durchzieht, ist einfach aber nachhaltig: Wir müssen in allen Bereichen unseres Lebens aufbrechen – und das fängt in unserer Beziehung zu Gott an.
Eine Bibel für jeden Teilnehmer
Passend zum Thema hat die Bundesleitung der Rangers eine Bibel drucken lassen, extra für das Camp. Es ist keine „Billig-Ausgabe“, sondern eine komplette Bibel mit Ranger-Einband, die jeder Teilnehmer am Eröffnungsabend geschenkt bekommt. „Ja, für jeden ist eine da, bitte nicht rennen“.
Am Montag ist Entscheidungsabend. Die geistliche Botschaft ist herausfordernd und klar. Viele Rangers treffen eine Entscheidung für Jesus Christus. Am Ende des Abends ist Möglichkeit zum Gebet. Auch hier bewährt sich die Teamstruktur des ganzen Camps. Die Teamleiter beten gemeinsam mit den Seelsorgern für die jungen Leute.
„Pastor, ich möchte mich taufen lassen“. Eine Pfadfinderin aus dem Team der Glühwürmchen kommt am nächsten Tag zu mir. „Ich habe Jesus mein Leben anvertraut, nun will ich das festmachen“. Das finde ich richtig stark.
Mit der Seilbahn in den Swimming-Pool
Tagsüber laufen Workshops und Marktstände. Das schier unübersehbare Angebot umfasst im Campheft achte eng bedruckte Seiten mit Stichworten wie Papier-Frisbee bauen, Swimming Pool mit Seilbahn, Turmklettern, Ringen auf geseifter Plastikplane, Kerzen ziehen, am Spinnrad Wollgarn spinnen. In der Arena findet ein Kochwettbewerb mit einem Dreigänge-Menü, gekocht nach Ranger-Art, statt, „Con-Spirito“ nennt sich der Lobpreiswettbewerb. Auch die besten Bauwerke werden bewertet und die Sieger geehrt.
Für mich ist die Vielfalt fast frustrierend, weil ich gerne alles sehen würde, aber weil ich selbst „eingespannt“ bin, ich dafür keine Zeit habe. So bleibt uns nur der spätabendliche Rundgang zur „Schwabenmühle“, die mit schwäbischen Gaumen-Spezialitäten als der „Geheimtipp“ gehandelt wird.
Unser letzter Punkt an fast jedem Abend ist unsere Münchner Frauenkirche, die die Ranger unserer Region gemeinsam in einem enormen Kraftakt gebaut haben. Es ist Freitagmorgen, 1:00 Uhr, die „Sperrstunde“ ist vom Bundesleiter extra aufgehoben worden. Die Frauenkirche ist noch gut gefüllt. Auch heute gibt es noch alkoholfreie Cocktails und in Öl gebackenes Gebäck. In Gruppen stehen und sitzen die Jugendlichen. Chill-Out, so lieben sie es. Viele wertvolle Gespräche werden geführt und Beziehungen geknüpft.
„Meine besten Mitarbeiter kommen von den Royal Rangers“,
bekennt Jean-Christoph Nadon, Gemeindegründer aus Füssen, während des Pastorencamps. Seit vielen Jahren ist er mit den Rangers verbunden. An die 100 Pastoren sind in jeder Plenumsveranstaltung von Sonntag bis Dienstag in der Bundesjurte versammelt und bekommen Impulse für die Ranger-Arbeit in der lokalen Gemeinde. Ein reger Austausch schließt sich an. Gemeinsam mit RR-Bundesleiter Peter Lehmann leite ich dieses Camp, das auf großes Interesse stößt.
Zwischendrin sind die Pastoren ermutigt, ihre Stämme in den Claims zu besuchen – oder auch bei ihnen zu übernachten. „Ein beeindruckendes Camp“, bestätigen viele Pastoren. Unser Präses Johannes Justus, der das Camp am Eröffnungsabend besucht und ein Grußwort gibt, schreibt auf seiner Facebookseite: „Was die Royal Rangers derzeit auf dem Bundescamp in Neufrankenroda veranstalten, ist gigantisch! Ich durfte vor Ort sein und war einfach nur überwältigt.“
Soli Deo Gloria
Rund um die Uhr an allen sieben Camptagen gibt es Lobpreis, Gebet und Bibellese im „Soli-Deo-Gloria-Dom“. Eine kleine Jurtenburg ist extra für diesen Zweck errichtet worden. Ein Ort der Besinnung, der Proklamation und des Gebets. Rechts vom Eingang hängt eine „Dank- und Klagemauer“, an der unzählige Gebetszettel angepinnt sind, links hinten gibt es einen separaten Gebetsraum. Während ich hier eine Gebetszeit leite, kommt eine Rangerleiterin und sucht Ruhe. „Ich brauche einfach einen Ort zum Gebet.“
Die Krypta im Hofgut Siloah ist während des Camps ein Ort des Segnens. Meine Frau und ich beten zusammen mit einigen Mitarbeitern für Leiter, die sich auf dem Camp befinden. Segnung, Fürbitte und prophetisches Gebet sind unsere Schwerpunkte. Das Angebot wird sehr rege und dankbar angenommen. Nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Mitarbeiter ist auf diesem Camp gesorgt.
Was bleibt sind Beziehungen
„Die Bauwerke werden wieder abgebaut, sie sind nicht so wichtig. Was aber bleibt, sind die Beziehungen, zu Gott und Menschen.“ RR-Bundeswart Manfred Knecht, erfolgreicher Unternehmer aus Ravensburg, fokussiert für die Stammleiter noch einmal das Wichtigste. Mir gefällt diese Haltung der RR-Bundesleitung, die immer wieder durchkommt. Manfred ist dieser Bereich ein besonderes Anliegen – und das sagt der Mann, der sich mit großer Energie für die Planung der Bauwerke und Camp-Infrastruktur mit eigenem Straßenbau, mobilen Toiletten, Duschcontainern und allen Bauwerken eingesetzt hat.
In seiner Berufung leben
„Mach deine Berufung fest und lebe in ihr“. Der Abschlussabend bringt es auf den Punkt, dass Royal Rangers nicht nur für sich leben, sondern dienen sollen. „Rechne damit, dass Gott dich sendet“, lautet die Botschaft und das segnende Gebet schließt sich genau in diese Richtung an.
Die Scheinwerfer werden dunkel gemacht und Teelichter werden in kleinen Gläsern quer durch das Stadion gereicht. „Gib das Licht, das Gott dir gegeben hat, weiter.“ Zum Schluss brennen 15.000 Kerzen im weiten Rund und die „Ranger-Hymne“ wird gesungen. Es ist ein bewegender Moment. Ein dickes Dankeschön an alle Mitarbeiter und auch die RR-Bundesleitung, die den Mut hatte, so ein Mega-Event auf die Beine zu stellen.
Während die „Kleinen“ die Burg verlassen dürfen, darf die Musikanlage noch einmal zeigen, was sie kann. Und so geht der Lobpreis noch kraftvoll weiter, während ich nebenan im Bürozelt sitze und noch ein paar Bilder auf Facebook poste.
Die jugendlichen Wachen, die hier heute im „Rathaus“ Nachtdienst haben, steppen mit ihren geschätzten 12 Jahren begeistert auf dem Holzfußboden, die Stimmung schwappt aus der Burg herüber.
Während in der Burg der Lobpreis mittlerweile auf stilvolle Pfadfindersongs umgeschwenkt hat und man dort an den zehn Pagodenfeuern noch bist tief in die Nacht sitzt, singt und chillt, sind die beiden streitbaren Wachen auf ihren Isomatten eingeschlafen. David, einer der offiziellen Camp-Fotografen, lädt noch ein paar Fotos auf den Bürocomputer. Er muss später die Wächter zur Nachtschicht wieder wecken, denn die geht immerhin noch bis sieben Uhr…
Trocken nach Hause
Am Freitagmorgen schauen die Mitarbeiter unseres Stammes besorgt zu den dicken Wolken auf. „Wir brauchen unbedingt trockenes Wetter zum Abbau, sonst ist der Kraftaufwand viel größer“, erklären sie mir. Sehr verständlich. „Bete bitte intensiv.“ Wir stellen uns in einem kleinen Kreis zusammen und beten noch einmal gemeinsam. Was wenig später geschieht, ist wie ein besonderes Zeichen zum Campabschluss: Ein leichter Wind kommt auf, die Sonne bricht durch und der größte Teil der Zelte und Bauten kann trocken eingepackt werden – trotz anderslautender Vorhersagen. Letztlich liegt auf dem ganzen Camp, trotz mancher Widrigkeiten, ein großer Segen.
Noch schnell ein Gruppen-Erinnerungsfoto vor der Frauenkirche, dann fahren über 300 Busse vor, große Trucks, kleine LKWs und Transportanhänger sind überall auf dem Gelände. Es wuselt noch einmal so richtig. Im Hintergrund heulen die Motorsägen und bringen 200.000 Meter Restholz auf Länge, denn es soll alles wieder verkauft werden. Als wir um 17 Uhr unser Auto starten, sind die meisten Bauten und Zelte schon weg.
Bye, bye, Neufrankenroda. Es war für mich eine große Ehre und Freude, die ganze Zeit dabei gewesen sein zu dürfen. Wenn das Bundescamp 2022 wieder kommt, habe ich auch bestimmt schon mein NTC-Abzeichen auf meiner Kluft. Vorausgesetzt, die Rangers wollen einen so alten Opa dann noch…