Brauche ich wirklich (k)eine neue Lichterkette?
Drei bis fünf, manchmal sogar zehn Zentimeter ist er dick – der Stapel an Prospekten und (Möbel)-Zeitungen, der auf unterschiedlichen Wegen Woche für Woche in unser Haus und daran anschließend meist direkt in den Altpapiercontainer kommt. Der Wertstoffhof unserer Stadt gehört zu den überaus frequentierten Einrichtungen, oft mit Verkehrschaos! Die Überflussgesellschaft lässt grüßen – und sie fordert uns enorm heraus. Vielleicht ist es doch ein größeres Problem, mit viel richtig umzugehen, als mit wenig?
Lust wird geweckt
Guten Morgen, Kauflust! Immer neue Ideen kommen auf den Markt. Unser Leben soll, so lehrt man uns, einfacher, schöner und angenehmer werden. Aber irgendwie wird es immer komplizierter und hektischer. Anfang November 2014 „studiere“ ich in den Flyern den Werbungsschwerpunkt „Weihnachtsbeleuchtung“. Stimmung und heile Welt werden suggeriert und man malt sich aus, wie das diesjährige Fest besonders schön werden kann – beispielsweise durch die angebotenen Lichterketten. Ich gebe zu, das spricht mich an. Ich mag Lichterketten. Diese sind Dank LED-Technologie stromsparend und ökologisch wertvoll, wird mir im Kleingedruckten suggeriert, die Bilder sehen auch heimelig und wirklich gemütlich aus. „Eigentlich wäre doch eine neue Lichterkette nicht schlecht, Schatz, was denkst du?“
Weniger ist mehr
„Wir haben im Weihnachtskarton im Keller doch genügend Lichterketten“, meint die beste Ehefrau von allen. „Ja, aber vielleicht gehen die ja nicht mehr!“ Was soll ich, was darf ich mir gönnen? Wo ist Verzicht angesagt? Welche Art von Lebensstil führe ich? Wir merken, dass wir, um des Überflusses Herr zu werden, Entscheidungen treffen müssen. „Nein, ich kaufe keine neue Lichterkette!“ Diese Entscheidungen sind emotional nicht immer leicht. Wer kleine Kinder hat, wird sich allein von ihrer Seite mit gewissen Erwartungen konfrontiert sehen. Und trotzdem ist es wichtig, verzichten zu lernen. Wer gelernt hat, freiwillig zu verzichten, wird eine höhere Lebensqualität erlangen. Das scheint zunächst unlogisch, ist aber biblisch und wird durch Erfahrungswerte bestätigt. Verzicht, der von einem „ich muss“ kommt, hinterlässt oft eine Unzufriedenheit im Herzen. Verzicht, der aus dem „ich will, ich entscheide mich von Herzen“ geboren wird, bereichert das Leben.
Jesus, das Beispiel für Verzicht
„Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen.“ Jesus ist schlechthin das Beispiel für Verzicht. Er verließ freiwillig in der Unterordnung unter den Willen des Vaters die himmlische Dimension, um einer von uns zu werden. Damit zeigt er uns ein Muster, das wir anwenden können: Wer verzichtet, kann in dem leben, was der größere Plan Gottes für sein Leben ist. So zu handeln und bereit zu sein zum Verzicht, gibt wirkliche Lebenserfüllung, macht frei für das Wesentliche und setzt gleichzeitig ein Beispiel für andere. Gleichzeitig werden wir erleben, dass die „göttliche Mathematik“ wirkt: Wir haben scheinbar weniger, aber es ist doch viel mehr.
Nicht nur zu Weihnachten geben
In der Adventszeit steigt die Spendenfreudigkeit. Finanzstrategen, auch christliche, wissen das und schreiben uns ihre Spendenanliegen. Geben, loslassen und verzichten sollten durchgehend zu unseren Lebensgrundwerten gehören, nicht nur in den Weihnachtstagen. Wer das persönlich lebt, wird Segen in vielfacher Form erleben und sehen, dass der Fluss des Gebens und Nehmens unser Leben enorm bereichert.
„Wie definierst du den Zehnten?“ wurde ich unlängst gefragt. „Es ist so wie eine Ölwarnlampe im Auto“, war meine Antwort. Wenn sie leuchtet, sollte man nachdenken, etwas zu unternehmen – und zwar bald. Wenn weiterhin das Geben für Mission, individuelle Hilfe in Notlagen und Großzügigkeit Werte sind, die unser Leben bestimmen, dann hilft uns das, uns auf Wesentliches im Leben konzentrieren zu können. Aber es beginnt mit der Entscheidung für Verzicht. Allerdings müssen wir auch wissen, dass es ein „Geschäft mit der Not“ gibt. Aber lieber einmal zu viel geholfen, als einmal zu wenig.
Und zu Weihnachten konkret?
Im vergangenen Jahr entstand bei uns die Idee, Gäste zu uns in die Heiligabend-Familienfeier einzuladen. Es gab ein bewusst schlichtes aber wunderbares Essen und zwei „Familiengeschenke“ (eines für uns, eines für die Gäste), davon ein Spiel. Dies wurde am selben Abend ausprobiert. Es war ein sehr schöner Abend – für unsere Familie und unsere Gäste. Der Verzicht auf die „Familientradition“ hat sich mehr als gelohnt.
Vielleicht laden wir (die) Gäste in diesem Jahr wieder ein, auch ohne neue Lichterkette.