Glyn Barret: Der Mann ist die Botschaft

Und dann haben wir in der 95. Nachspielminute noch ein Tor in diesem wichtigen Spiel geschossen. Ich bin vor Begeisterung dort im Stadion auf die Knie gefallen. Mir war egal, dass gerade der bekannte Prediger John Bevere  neben mir im Stadion saß. In diesem Moment brach das Stadion in ‚Lobpreis und Anbetung‘ aus.“ Glyn Barrett  weiß, dass seine Zuhörer den tieferen Sinn der Botschaft verstehen „Wir haben gewonnen.“ Zehntausende hätten das damals gerufen.

„Wir haben gewonnen – oder?“

„Wenn wir gewinnen, dann sind es nicht die 75.000 Zuschauer, sondern in Wahrheit die elf unten auf dem Rasen.“ Dass der drahtige Pastor eingefleischter Fußballfan ist, weiß jeder nach weniger als fünf Predigtminuten. Glyn Barrett, knappe 40, T-Shirt, Jeans, legere Jacke. Mal hüpft er über die Bühne, um gleich wieder niederzuknien und dann seine Bibel zu greifen und sie über sich in der Luft zu schwenken. Seit 18 Jahren ist er Prediger, seine theologische Ausbildung hat er in Australien erhalten.

ÜbersetzerTim Sukowski, Glyn Barret (rechts)

Die überdimensionalen Bildschirme in der Willinger Konferenzhalle lassen den Redner ganz nah kommen.  Übersetzer Tim Sukowski aus Wunstorf versucht synchron hinterherzuhüpfen. Im Livestream kommt der Pastor aus Manchester über das Internet auf viele angeschlossene Bildschirme, mehr als 1.100 waren das allein am vergangenen ersten Abend.

Ja, er sei in Manchester geboren, sein Vater, auch Pfingstprediger und „Fünf-Punkte-Calvinist“, habe ein gutes Fundament in seinem Leben gelegt. „Mit zwölf ist mir Jesus ganz real begegnet. Damals war mein Vater Pastor in Australien.“ Und so geht sein biografischer Weg zwischen Manchester und Australien hin und her.

Disziplin, so meint er, ist die erste Lektion, die ein Leiter lernen muss. Er selbst will ein Beispiel sein. Seine Kinder sind am gleichen Datum, drei Jahre auseinander geboren. „Seht ihr, ich bin ein Leiter mit Ordnung…“. Die Menge lacht herzlich.

Kirchenbänke raus – neues Leben rein

Was denn die monströsen Kirchenbänke mit dem Lebensalltag eines jungen Australiers zu tun haben würden, habe er damals in jungen Jahren mit seinem Vater heftig diskutiert. Glyn berichtet über die Veränderung, die die australische Pfingstbewegung erlebt hat.

Sein Vater habe ihm gesagt, die Gemeinde sei nicht da, um Kirche zu spielen, sondern eine Stadt zu erreichen. Aber damals sei das mehr Theorie gewesen, die die Gemeinde in der Praxis nicht erlebt habe. Als Pastor hätte sein Vater mindestens 10.000 Bücher in seiner Bibliothek gehabt. Er hätte damals so gut predigen können, wie er wollte. Es haben sich keine Leute bekehrt, weil keiner in die Kirche gekommen wäre. Die Gemeinde sei nicht relevant für die Stadt gewesen. „Und dann haben wir die Bänke rausgetragen, die Kanzeln, alle „alten Dinge“. Sein Vater habe alles mit Benzin übergossen und ihm die Streichhölzer gegeben. „Dann haben wir alle Bänke angezündet.“

Glyn Barett
Glyn Barett

Glyn Barrett wirkt begeistert. Gemeinde muss Menschen erreichen, das ist ihm wichtig. Er hat heute für seine Gemeinde in Manchester die Vision, dass sie einen Verkehrsstau auslösen wird, wenn Gottesdienst ist. Ganz so sei es in Australien nicht gewesen, aber nach dem radikalen Umbruch seien am folgenden Sonntag die 60 Leute in die Kirche gekommen, die schon immer gekommen seien. Davon wären 30 Leute gleich wieder weggegangen, weil keine Bänke mehr da waren. Dann aber habe eine Entwicklung eingesetzt, die nicht mehr mit dem vergleichbar war, was vorher war.  „In den nächsten Jahren wuchs unsere  Gemeinde von 30 auf 450 Leute. Und sie wurde wahrgenommen.“

Leidenschaft fängt bei mir an

Es liegt eben nicht nur am theoretischen Wissen über Gott. Ohne Leidenschaft sei kein Dienst möglich, meint der Australier. „Leidenschaft fängt immer mit mir an. Eine Gemeinde will über einen Leiter nicht nur wissen, dass er Gott liebt. Sie will seine Leidenschaft und Liebe sehen. Als Leiter darf man nicht nur über Evangelisation und Lobpreis reden, sondern die Gemeinde will sehen, wie er leidenschaftlich anbete und evangelisiere.  Er schlägt Jesaja 6 auf. Ein guter Abschnitt für ein Konferenzthema, wie er meint. „Leidenschaft bringt dich immer zurück zu dem ursprünglichen Ruf, den Gott dir in deinem Leben gegeben hat. Er führt uns immer wieder durch die Schritte durch, die uns im Wort Gottes aufgezeigt werden.“

Den Moment ergreifen

Und dann geht er mit seinen Zuhörern, die ihm gespannt folgen, die Schritte durch, die Jesaja gegangen ist. Er zeigt auf, wie Jesaja den Moment ergriffen hat.  „Nutze die Zeit, mach das, was Gott zu dir sagt! Du musst ein Ziel anvisieren, das jenseits von dem liegt, was du erreichen willst und auch erreichen kannst. Schaue nicht nur auf die äußerliche Situation, sondern schaue darüber hinaus. ‚Ich sah den Herrn‘, sagt Jesaja. Schau in das Übernatürliche hinein. Konferenzen, wie diese, sind dazu gemacht, nicht nur den Moment zu ergreifen, sondern auch einen Blick  in das hinein zu wagen, was Gott tun und mit dir tun will.“

Frucht wächst nur im Tal, nicht auf dem Berg

Glyn Barett
Glyn Barett

Glyn spricht auch über schwierige Zeiten und ermutigt die Zuhörer. Manchmal wolle man im Leben und Dienst nur von Höhe zu Höhe gehen und vergisst dabei, dass auf den Bergen normalerweise wenig Frucht wächst. Berge und Höhen sind in unserem geistlichen Leben gut und wichtig, aber wir müssen wissen, dass Frucht eigentlich nur im Tal wächst. Und damit meint er schwierige Phasen im Leben und Dienst. „Aber lass dir nicht die Schwere und Last, die andere tragen, zwangsweise auf deine Schultern legen“. Er richtet den Blick immer wieder auf die Ermutigung: “ Dieselbe Kraft, die Christus von den Toten auferweckt hat, ist in der Lage, auch dir Sieg zu geben. Weigere dich, der Stimme der Entmutigung zuzuhören. Höre dafür aber auf die Stimme Gottes!“

Enthusiasmus ist biblisch

Ja, er liebe wirklich laute Musik. In den Psalmen habe er immer wieder Aussagen gefunden, die auf einen lauten Lobpreis hindeuten würden. „Wenn du keine laute Musik magst, kann es sein, dass du dich im Himmel nicht wohlfühlen wirst“. Er witzelt immer wieder und berichtet aus der Praxis. „In unserer Gemeinde haben sich Leute bekehrt und spielen heute im Lobpreis mit, von denen du das eigentlich nicht erwarten würdest. Sie sehen gar nicht so heilig aus, aber sie lieben wirklich Jesus.“ Ein Video-Einspieler folgt, der den Zuhörern deutlich macht, was er damit meint, wenn er von lautem Lobpreis spricht.

Petrus sei fast immer enthusiastisch gewesen. Er hat jemand enthusiastisch das Ohr abgehauen, das war nicht so gut. Er ist enthusiastisch auf dem Wasser gelaufen. Im Englischen heißt das heißt wörtlich auch „über Bord zu gehen“. Auch David hat in Begeisterung seinem Gott gedient.

„Deswegen bin ich überzeugt, dass wir Enthusiasmus brauchen. Das hat etwas mit „in Gott sein“ zu tun, griechisch „en theos“, hier liegt die Wurzel des Wortes“, führt er weiter aus. Barret führt zum zentralen Konferenzthema zurück und will nicht nur nette Worte machen.

Und dann kommt er auf den Epheserbrief zu sprechen. Er vergleicht die Kultur der damaligen Stadt mit der heutigen Zeit. „In Ephesus war so viel Götzendienst und Dämonie, wie wir uns das heute kaum vorstellen können“. 36 x in sechs Kapiteln sagt Paulus „Ihr seid in Gott“.  „En theos“. Wenn das kein „Enthusiasmus“ ist, immer wieder zu betonen, was wir in Gott haben und sind! Das heißt „Begeisterung, ausflippen, außer sich sein“ – warum eigentlich? Das, was wir haben, ist wirklich eine „Gute Nachricht“. Darüber können wir wirklich „ausflippen“.

Und das dürfe ein Christ durchaus auch laut ausdrücken. „Wenn wir schreien, dann nimmt das Besitz von unserem Körper. Wenn du das Wort Enthusiasmus benutzt, dann nimmt es Besitz von deinem Gesicht. Der Enthusiasmus übernimmt Kontrolle von deinem ganzen Körper. Es muss sich einfach in deinem Gesicht und deinem Körper ausdrücken. Das geht nicht anders. Denke mal an einen jungen Vater. Enthusiasmus drückt sich bei ihm in ganz bestimmter Art und Weise aus.“ In Gott zu sein heiße „enthusiastisch“ zu sein.

„Können wir Begeisterung mal gemeinsam praktizieren und nicht nur darüber reden?“ – „Ich wusste gar nicht, dass die BFP-Pastoren so begeistert hüpfen können“, sagt mir später ein 20-Jähriger, der als Nachwuchs-Bibelschüler mit auf die Konferenz gekommen ist. „Oh happy day.“ Die Outbreakband gibt ihr Bestes, der Saal wallt und 1000 Delegierte hüpfen – fast 1000. Schade eigentlich, dass ich diesen Gottesdienst nur am Livestream verfolgen kann.

Und warum Manchester City, nicht United…

„Meine Theologie des Teufels ist ganz einfach. Er ist wie ein Löwe, aber ich habe den Löwen Jesus Christus bei mir. Und der ist wirklich ein Löwe, nicht nur wie ein Löwe. Mein ganzes Leben war ich ein enthusiastischer Unterstützer von ‚Manchester City‘. Gibt es hier etwa Leute, die „Manchester United“ unterstützen? Steht bitte an euren Plätzen auf. Man nennt diese Mannschaft nämlich die ‚Roten Teufel'“, schmunzelt er. „Ich kann  mir nicht vorstellen, dass deutsche Christen die gut finden – Könnt ihr bitte den Raum verlassen….?“

Deutschland sei wirklich ein besonderes Land. Glyn dankt herzlich für die Einladung zur Konferenz. „Ich fühle mich wohl bei euch.“ Das Land habe großartige Theologen hervorgebracht. Dass es aber England im Fußball besiegen würde, sei für ihn doch etwas belastend, fügt er hinzu. Die Lacher sind auf seiner Seite.

Von Frank Uphoff / Fotos: Daniel Illgen / (für www.geistbewegt.de)