Daniel Kolenda und Reinhard Bonnke könnten altersmäßig durchaus als „Enkel und Groß-Vater“ wahrgenommen werden. Doch verwandt sind sie nicht miteinander. Während viele Missionswerke und größere Gemeinden von Vater- in Sohneshände übergeben werden, ist es hier nicht so. „Es geht nicht um mich, es geht um das große Werk der Ernte. Ich will das, was Gott durch mich hat aufbauen können, nicht sterben lassen, wenn ich einmal nicht mehr da bin“, konstatiert der „Groß-Vater“.
Der „Enkel“ bewegt sich auf der Bühne, predigt, artikuliert, gestikuliert. Dynamisch, sprudelnd, frisch, impulsiv. Dass der „Groß-Vater“ den „Enkel“ „machen“ lässt, spricht mehr als für ihn. 11 Millionen Menschen haben durch den „Enkel“ bereits zum Glauben gefunden.
Steht man dem „Groß-Vater“ nah gegenüber, versteht man an den inzwischen gereifteren Gesichtszügen, warum es ihm wichtig ist, für einen Nachfolger zu sorgen. Greift er jedoch selbst zum Mikrofon, ist nichts Ergrautes oder Abgestandenes zu spüren: Frische fließt, auch ohne den sonst obligatorischen Schlips.
Allerdings ist ein anderer „Opa“ in der Linie des Enkels zu finden. Und der wiederum hat weitreichende Akzente in der Geschichte des BFP gesetzt. Mit tiefer Wertschätzung spricht Daniel Kolenda über seine Verwandten, die sich in die USA aufgemacht haben, um dort an der Erweckung in der Azusa-Street in Los Angeles teilzuhaben. Und so ist seine Familie gesegnet. Meine „Groß-Groß-Tante“ hat die Taufe im Heiligen Geist auf der Rückbank des Autos von Aimee Semple McPherson, eine der Pionier-Pastorinnen der Pfingstbewegung, erlebt. „Und mein Grand-Grand-Grandfather war euer Opa J.P.Kolenda“.
Ich stocke beim Schreiben. Habe ich mir die Anzahl der „Grands“ richtig gemerkt? Das tut ja letztlich auch nicht viel zur Sache. 60 Jahre Geschichte Beröas feiern wir, in den Anfangsjahren vom amerikanischen Missionar „Opa Kolenda“ sehr geprägt, das hatten wir doch heute morgen erst in der Ansprache von Richard Krüger gehört. Und nun steht einer seiner Nachkommen vor uns. Der Kreis schließt sich. Ein echter Pfingstler, wie sich schnell zeigt.
Mit seinen 30 Jahren und „3 1/2 Kindern“ (Zitat) wirkt Daniel Kolenda noch durchaus jugendlich, Enkel eben. „Ich will, dass meine Generation das Echte, die Kraft Gottes erfährt“. Seine Stimme wird energischer. Seinem Vorbild, Mentor und Leiter steht er kaum in etwas nach. Er brennt für Jesus, für die Verlorenen und für einen Durchbruch im Heiligen Geist.
Was ist hinter dem Vorhang zu finden?
„Wie oft pflegen wir in unseren Gemeinden nur noch die Kulisse.“ Er berichtet von Amerika und dort rückläufigen geistlichen Erfahrungen. „Wie ist es bei euch? Sprichst du auch über etwas, was du nicht hast?“ Mose musste eine Decke auf sein Angesicht legen, damit das Volk Israel nicht das Schwächerwerden der Herrlichkeit mitbekam. Der Evangelist legt 2. Kor 3 aus und für manche Ohren sind das neue Gedanken. „In der Kinderstunde hatte ich den Eindruck, dass Mose die Decke auf sein Angesicht legen musste, weil er so stark gestrahlt und die Leute geblendet hat“, greift Daniel in seinen Erfahrungsschatz zurück und relativiert. „Aber es ist nicht so. Er wollte verdecken, dass die Herrlichkeit nachließ und sich zurückzog. “
„Ich fühle mich in der Gemeinde manchmal, wie in dem indischen Restaurant, in dem ich einmal war.“ Kolenda wird vom Predigen heiß und das Jackett wandert von der Bühne nach unten. Die Teammitarbeiter gehen ihm ebenso zur Hand, wie seinem Vorgänger. „Ich hatte Hunger und wollte irgendwas essen. Die Speisekarte war lang, ich konnte sie nicht lesen und deutete nacheinander auf mehrere Gerichte. Der Kellner erklärte mir, sie seien alle schon ausverkauft…“
Die Versammlung lacht herzhaft. Ertappt. „Haben wir in der Gemeinde manchmal nur noch eine bunte Speisekarte aber nicht das Essen, was wir servieren sollten?“ Der junge Evangelist ist nicht überheblich. „Ich sollte besser unten sitzen und vielen von euch zuhören, die ihr viel mehr Erfahrung habt als ich.“ Doch dann gibt er sich kühn und mutig: „Ich habe ein Mandat von Gott, deswegen stehe ich hier“.
Seine Botschaft trifft die Herzen. „Wir legen immer wieder eine Maske über vergehende Herrlichkeit. Älter werdende Männer kaufen schnellere Autos, damit nicht gesehen wird, dass ihre Herrlichkeit weggeht. Frauen verwenden mehr Makeup, damit das Vergehen ihrer Herrlichkeit nicht gesehen wird. Die Geschichtsbücher sagen, dass im Jahr 70 nach Christus, als Jerusalem zuerstört wurde, im Tempel nur noch der Vorhang da war. Das soll sogar schon im Jahr 63 nach Christus so gewesen sein. Nur ein leerer Raum. Wie lange war das Allerheiligste denn schon leer? Die Priester haben ihre religiöse Zeremonie immer wiederholt. Alles dahinter war leer, aber sie haben das religiöse System weitergepflegt. Auch wenn die Herrlichkeit weg ist, macht man einfach weiter mit dem System.“
Man spürt es ihm ab, dass das keine heiße Luft ist. „Höre auf von dem zu reden, was du nicht hast. Suche die Gegenwart Gottes. Lege allen Schein ab“. Er ruft die junge Generation nach vorne, um sich Gott zu stellen. Die Resonanz auf den Altarruf lässt erahnen, wer sich noch jung fühlt. Die Übergänge werden fließend, als Kolenda die „ältere Generation“ nach vorne ruft, um für „die jungen Leute“ zu beten. Der weite Raum vor der Bühne ist annähernd voll.
Dann gibt er das Mikrofon an seinen 71-Jährigen „großen Vater“. Mit tiefer Ruhe und Entschlossenheit tritt Reinhard Bonnke aus dem Hintergrund der Bühne nach vorne und bindet in seiner souveränen Art den „Sack“, den sein Nachfolger an diesem Abend geöffnet hat, wirkungsvoll zu. Er habe Gott gefragt. „Was ist mit Reinhard Bonnke in 10 bis 20 Jahren“? Und er habe von Gott empfangen, er sei nur ein Vorläufer für eine ganze Generation von jungen Leuten, die ihre Nation evangelisieren und das Wort Gottes verkündigen. „Hier wird etwas losgetreten, wir kommen in eine ganz neue Dimension“. Der Saal jubelt vor Begeisterung. In der zweiten Reihe hält es meinen afrikanischer Pastorenkollegen aus München nicht auf dem Stuhl. Er tanzt und hüpft – Afrika in Willingen.
Die Konferenzlektion an diesem Abend für die BFP-Gemeinschaft ist mehrschichtig. Antworten auf Fragen, die man sich hin und her immer wieder stellt. Wie können Generationen gemeinsam glaubwürdig dienen? Wie kann ein Übergang von einer auf die andere Generation gesund gelingen? Die Lektion ist heute „ohne Worte“, aber doch mit Worten.
Christus für alle Nationen hat hier zwei Männer Seite an Seite, die als Einheit auftreten. Es ist Reinhards Wunsch, dass das Werk der Ernte in Afrika nahtlos weitergeht. Er, so ist es jedenfalls der deutliche Eindruck des Abends, hat das von seiner Seite sehr gut vorbereitet. Der Wunsch und das Gebet im BFP ist, dass Gott sein Amen dazu spricht.